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Joschka Fischer verleiht sein Büro

Palästinenerpräsident Jassir Arafat will Israels Außenminister Schimon Peres am liebsten in Berlin treffen. Ob bei dem Friedensgespräch auch etwas herauskommt, ist fraglich. Der ehemalige Premierminister Ehud Barak ist dagegen

aus Ramallah SUSANNE KNAUL

Der Bundesaußenminister wirkte überrascht. Hatte Palästinenserpräsident Jassir Arafat ihm doch gerade den Vorschlag gemacht, sein bevorstehendes Treffen mit dem israelischen Außenminister Schimon Peres in Berlin stattfinden zu lassen. „Es gibt zwar andere Orte, und Sie beide sind regional nicht weit voneinander entfernt“, erklärte Joschka Fischer gestern vor Journalisten in Ramallah im Westjordanland, doch „wenn das Treffen in meinem Büro stattfinden soll, dann stehen die Türen dafür immer offen“. Arafat erklärte sich „jederzeit bereit“, den israelischen Außenminister zu treffen. In Jerusalem wird über Anfang nächster Woche als möglichen Termin dafür spekuliert. Beide Politiker befinden sich derzeit auf Reisen: Peres hält sich für drei Tage in Ungarn auf, und Arafat wird bis zum Ende der Woche in China sein.

Der über die „sehr ernste Lage“ deutlich beunruhigte Fischer nannte das geplante direkte Gespräch zwischen Arafat und Peres eine „gute Idee“. Peres hatte bereits vor einigen Tagen einen Stufenplan für einen Waffenstillstand vorgestellt. Dabei geht es um eine Aufteilung der palästinensischen Gebiete in Regionen, die eine nach der anderen „beruhigt“ werden sollen. Auf die Frage eines palästinensischen Journalisten, ob es nicht schon genügend Initiativen gäbe, stimmte Fischer zu: „Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern versuchen, das vorhandene Rad in Bewegung zu setzen.“ Nach Ansicht des deutschen Außenministers kann allein mit einer Umsetzung des Mitchell-Plans und den entsprechenden vertrauensbildenden Maßnahmen der Weg zu neuen Verhandlungen geebnet werden.

Während es Fischer im Verlauf seiner letzten Nahost-Reise gelungen war, dem Palästinenserpräsidenten ein offizielles Waffenstillstandsbekenntnis abzuringen, bleibt ihm diesmal nicht viel mehr, als Peres und Arafat sein Büro anzubieten. Die israelische Hoffnung, Fischer würde mehr und vor allem längerfristiger „Druck auf die palästinensische Führung ausüben, um die Gewalt zu beenden“, so Daniel Scheck, Chef der Europaabteilung im Jerusalemer Außenministerium, bleibt vorerst unerfüllt. Der deutsche Außenminister gab sich zumindest in der Öffentlichkeit solidarisch mit beiden Seiten. Er bedauerte, den „Verlust von unschuldigem Leben“ gleichermaßen wie das „Leiden des Volkes“, womit er zweifellos die Palästinenser meinte.

Dass das Treffen zwischen Peres und Arafat zu einer Annäherung der Konfliktparteien führen wird, bezweifeln unterdessen nicht nur israelische Politiker des konservativen Blocks. Scharfe, wenngleich indirekte Kritik aus dem eigenen Lager erreichte Peres unerwartet von Expremierminister Ehud Barak. „Wer glaubt, dass Arafat ein Partner ist, muss blind sein“, meinte der in einer Ansprache vor Aktivisten der Kibbuzbewegung. Die Erkenntnis, dass „Arafat das moralische Existenzrecht Israel nicht anerkennt“, bringt den ehemaligen Premierminister dazu, die Idee der einseitigen Teilung zwischen Israel und den Palästinensern voranzutreiben.

Auch auf palästinensischer Seite besteht Zweifel über ein mögliches Ergebnis bei dem geplanten Treffen. Im Verlauf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Fischer verurteilte Arafat erneut die Besetzung des Orient-Hauses, das „ein international anerkannter Ort des Friedens und Sitz der palästinensischen Friedensdelegation seit dem Madrider Friedensgipfel“ vor zehn Jahren ist.

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