: Grüner Temporausch
■ Billig und schnell mit dem Zug von Hamburg nach Kopenhagen
Auch Grüne hätten es gern immer schneller. Über Fahrzeiten von nur noch drei Stunden oder weniger im Zug von Hamburg nach Kopenhagen schwärmte gestern Karl-Martin Hentschel, Fraktionschef der Grünen im Kieler Landtag. Zusammen mit dem Fahrgastverein Pro Bahn stellte er ein Konzept vor, „das als Alternative zum Flugzeug und zum Auto“ tauge.
Danach lasse sich die Fahrzeit eines Eurocity von derzeit viereinhalb Stunden auf glatte drei Stunden senken. Notwendig dafür sei eine Optimierung des Fahrplanes, die Erneuerung der Signaltechnik, der Einsatz schnellerer Bahnfähren und der Ausbau der Strecke zwischen der Hansestadt und dem Fährhafen Puttgarden auf Fehmarn auf Tempo 160.
Die Kosten dafür bezifferten Hentschel und Holger Busche von Pro Bahn auf 300 Millionen Euro. „Ein sensationelles Ergebnis“, freute sich Hentschel. Ein Teil dieser Investition sei „sowieso notwendig“, da bauliche Maßnahmen an veralteten Gleisen und zu engen Kurven ohnehin anstünden. Eine weiterer Ausbau auf Tempo 200 und damit eine Reduzierung auf nur noch gut zweieinhalb Stunden sei hingegen „nicht sinnvoll“, weil mehr als doppelt so teuer.
Moderne Schnellfähren zwischen Puttgarden und dem dänischen Hafen Rødby würden die Reisezeit über die Meeresenge von derzeit fast 50 Minuten auf 25 Minuten halbieren und sind Bestandteil des Konzeptes. Die Investition von etwa 200 Millionen Mark pro Schiff würden sich, so habe eine Kosten-Nutzen-Rechnung ergeben, für die Reederei aber rasch amortisieren.
Pläne für eine Brücke über den 18 Kilometer breiten Fehmarnbelt lehnte Hentschel erwartungsgemäß weiterhin ab. Deren Kosten werden nach Berechnungen des Kieler Verkehrsministeriums aus dem Vorjahr auf drei bis vier Milliarden Euro geschätzt. Viel zu teuer, finden Grüne und Pro Bahn. Zudem haben die Erfahrungen mit der Öresundbrücke zwischen Kopenhagen und dem schwedischen Malmö, welche die Fahrzeit zwischen den beiden Städte auf gerade mal 20 Minuten schrumpfen ließ, sämtliche hohen Erwartungen bislang widerlegt. Seit ihrer Eröffnung am 1. Juli vorigen Jahres ist diese mautfinanzierte Straßen- und Zugverbindung chronisch defizitär. Sven-Michael Veit
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