: Gewalt gegen Rollheimer
Der Wahlkrampf geht weiter: CDU-Innenpolitiker Roland Gewalt fordert Innensenator Körting (SPD) auf, eine Wagenburg zu räumen. Doch die gab es schon zu Zeiten von Eckart Werthebach (CDU)
von UWE RADA
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Roland Gewalt, ist ein ganz Schneller. Kaum hatte die Morgenpost gestern über die Wagenburg am Alfred-Döblin-Platz in Kreuzberg berichtet, griff Gewalt zur Feder. „Die Wagenburgen werden in Berlin unter Rot-Rot-Grün wieder heimisch“, ließ er über die CDU-Pressestelle verlauten und forderte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) auf, „endlich seiner Pflicht nachzukommen und für die Räumung der Wagenburg zu sorgen“. Schließlich seien Wagenburgen ein „Hort der Kriminalität“.
Vielleicht war Gewalt ein bisschen zu schnell. Hätte er sich vor dem Griff zur Feder an seine CDU-Kollegen in Kreuzberg gewandt, hätte man ihm ganz andere Dinge erzählt. Schließlich haben sich die Rollheimer vom Döblinplatz bei jeder BVV-Fraktion in Kreuzberg vorgestellt, auch bei der CDU. „Da konnten wir die Angst ausräumen, dass hier eine zweite Wagenburg wie an der East Side Gallery entsteht“, sagte gestern Claudia, eine der BewohnererInnen. Die Werbetour hatte Erfolg. Auch mit Stimmen der CDU sprach sich die BVV dafür aus, die Rollheimer bei der Suche nach einem endgültigen Stellplatz zu unterstützen.
Vielleicht war Roland Gewalt aber auch viel zu langsam. Denn eigentlich hätte er schon im März zur Feder greifen müssen. Seit dieser Zeit sind die Rollheimer, die zuvor in Friedrichshain dem Saalbau weichen mussten, bereits auf dem Döblinplatz. Dumm nur, dass der Innensenator damals nicht Körting, SPD, hieß, sondern Werthebach, CDU.
Obwohl der CDU-Innenpolitiker ein bisschen das Zeitgefühl verloren hat, nehmen ihm das die Wagenburgler nicht übel. Sie luden Gewalt gestern sogar ein, selbst zu den Bauwagen zu kommen und sich persönlich ein Bild zu verschaffen. „Auch bei schlechtem Wetter“, sagt Bewohnerin Claudia. „Die Wagen sind geheizt und wasserdicht.“
Nimmt Roland Gewalt die Einladung an, so wird er wohl erfahren, dass die Rollheimer von der Polizei und dem Bezirksamt an ihrem neuen Standort in Kreuzberg seit Monaten geduldet werden.
Das sieht übrigens auch Innensenator Körting so. „Wir wollen zwar keine dauerhaften Wagenburgen in der Innenstadt“, so Sprecherin Svenja Schröder-Lomb. „Aber in diesem Fall gibt es ja Gespräche zwischen dem Bezirk und den Bewohnern. Das unterstützen wir ausdrücklich.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen