: Sabbatjahr bei Siemens
Mit einer freiwilligen bezahlten Auszeit für seine Beschäftigten will der Konzern die IT-Flaute überwinden
MÜNCHEN afp ■ Beim Münchner Siemens-Konzern beginnt mit dem heutigen 1. September ein in Deutschland praktisch einmaliges Beschäftigungsprogramm. 14.500 Angestellte aus der kriselnden Mobilfunksparte Information and Communication Mobile (ICM) können freiwillig in ein bezahltes Sabbatjahr gehen. Wie viele sich tatsächlich beteiligen, stand zunächst nicht fest.
Durch das „Timeout“ genannte Programm wolle Siemens „in schwierigen Zeiten gute Leute nicht verlieren“, sagte Unternehmenssprecherin Sabine Metzner. Bei ICM wurden in diesem Jahr wegen zurückgehender Aufträge weltweit 2.600 Stellen gestrichen.
Je nach Dauer ihrer Arbeitspause bekommen die teilnehmenden Siemens-Mitarbeiter weiter Geld: Wer drei Monate zu Hause bleibt, erhält 50 Prozent seines früheren Gehalts, wer ein halbes Jahr aussteigt 40 Prozent, bei neun Monaten gibt es 30 Prozent und bei einem vollständigen Sabbatjahr 20 Prozent.
Der Siemens-Aufsichtsrat und Ansprechpartner der Dienstleistungsgesellschaft Ver.di für den Gesamtbetriebsrat, Helmut Coers, bezeichnete bezahlte Sabbatjahre als „grundsätzlich ganz vernünftige Geschichte“. Allerdings befürchte er, dass es sich bei Siemens mehr um ein theoretisches Konzept handle, wie die bisher „ernüchternden“ Teilnehmerzahlen zeigten. „Wer mitmacht, stellt fest, dass seine Karriere schon beendet ist“, sagte Coers. „Bei den Führungskräften des Unternehmens gibt es kein Verständnis.“ In der Praxis habe Siemens nämlich keine modernen Arbeitszeitformen, selbst Teilzeit sei selten. „Es scheitert an den Widerständen in den Abteilungen“, so Coers.
Auch bei der IG Metall überwiegt die Skepsis. Der IG-Metall-Teamleiter für die IT-Industrie, Dieter Scheitor, nannte bezahlte Sabbatjahre zwar eine bessere Lösung als Entlassungen. „Aber die Bezahlung reicht nicht aus.“ Es gebe an Schulen Modelle, wo Lehrer ins Sabbatjahr gehen und mit einem Zuschuss und noch vorhandenen Überstunden auf etwa 70 Prozent ihres Gehalts kämen. „Die funktionieren.“
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