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Odyssee ohne Ende

Die Flüchtlinge auf der „Tampa“ sollen nach Neuseeland und auf die Insel Nauru gebracht werden. Australien hat sich mit dieser Lösung durchgesetzt

von CARMEN BECKER

Die zentrale Frage der letzten Woche, „Wer nimmt die Flüchtlinge nun auf?“, scheint endlich beantwortet zu werden. Einem Plan der australischen Regierung zufolge sollen die Flüchtlinge von dem norwegischen Frachter „Tampa“ auf zwei Kriegsschiffe der australischen Marine gebracht werden. Sie werden die Flüchtlinge dann nach Papua-Neuguinea bringen. Von dort aus sollen sie nach Neuseeland und auf die Pazifikinsel Nauru geflogen werden.

Bereits gestern Morgen schickte Australien die zwei Kriegsschiffe „Arunta“ und „Manoora“ zur „Tampa“, nachdem eine Einigung mit Neuseeland und Nauru erzielt worden war. 150 der 460 Flüchtlinge will Neuseeland im Rahmen seiner jährlichen Quote aufnehmen, vorwiegend Frauen und Kinder. Die restlichen Flüchtlinge werden vorübergehend auf Nauru, dem kleinsten Inselstaat der Welt, Aufnahme finden. Die Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge auf Nauru wird Australien übernehmen. Australische Behördenvertreter machten sich gestern bereits auf den Weg nach Nauru, um dort die Errichtung eines Zeltlagers vorzubereiten. Der australische Ministerpräsident John Howard rechnet jedoch erst heute mit dem Ende der Verladung der Flüchtlinge nach Papua-Neuguinea. Bis es für die australische Regierung endlich so weit ist, kann es jedoch noch dauern. Menschenrechtsanwälte hatten den Antrag eingereicht, Australien zur Aufnahme der Flüchtlinge zu verpflichten. Daraufhin bestimmte am Samstag das Gericht mittels einer Verfügung, dass die „Tampa“ bis zur Entscheidung des Gerichts in australischen Hoheitsgewässern bleiben müsse. Diese Verfügung wurde gestern verlängert. Die Regierung kritisierte das Gericht für diese „unsinnige“ Entscheidung angesichts der endlich gefundenen Lösung.

Abgesehen von allgemeiner Verwunderung über Nauru als Aufnahmeland traf das Verhalten der australischen Regierung national und international auf Kritik. Von der Anti-Rassismus-Konferenz im südafrikanischen Durban aus erklärte UN-Generalsekretär Kofi Annan, dies sei keine Art, mit Flüchtlingen umzugehen.

Auch die Tatsache, dass die Flüchtlinge mit Kriegsschiffen transportiert werden sollen und australische Elitesoldaten die „Tampa“ vergangene Woche stürmten, zeuge nicht von einer „einfühlsamen Vorgehensweise“, so viele Delegierte der Konferenz. Ebenso regt sich in der australischen Bevölkerung Unmut über die medizinischen und sanitären Missstände an Bord der „Tampa“. Auf der Weihnachtsinsel fand Ende vergangener Woche aus diesen Gründen die erste politische Demonstration der Geschichte des Eilandes statt.

Australien selber hat auf diese Weise hartnäckig einen Kompromiss vermieden. Kein illegaler Flüchtling der „Tampa“ wird unter den Augen der Behörden australischen Boden betreten. So lässt sich auch die umständliche Route der Flüchtlinge über Papua-Neuguinea erklären. Australien hat damit eindrucksvoll unterstrichen, dass es kein „leicht erreichbares Ziel“ für illegale Flüchtlinge sei.

Dennoch bleibt denjenigen unter den Flüchtlingen, welche das Los nach Nauru verschlagen wird, eine kleine Hintertür offen. Auf Nauru sollen zunächst ihre Asylanträge geprüft werden. Die als rechtmäßig anerkannten Asylbewerber sollen dann von anderen Ländern, so auch Australien, aufgenommen werden. Sie werden Australien jedoch nicht als unerwünschte illegale Einwanderer betreten, sondern als anerkannte Flüchtlinge.

Unterdessen ruft amnesty international zu Maßnahmen gegen die von der konservativen Regierung vorgeschlagenen Verschärfungen der australischen Einwanderungsgesetzgebung auf. Der Vorschlag liegt seit dem 28. August dem Senat zur Debatte vor. Australien steht ohnehin bereits unter Beschuss, da Asylbewerber in Internierungslagern untergebracht werden, bis ihre Verfahren abgeschlossen sind.

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