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„Ich tue ruhig und konzentriert meine Arbeit“

Trotz anhaltender Rücktrittsforderungen will Verteidigungsminister Rudolf Scharping im Amt bleiben. Der Trouble nimmt zu: Immer neue Flüge mit der Luftwaffe tauchen auf, bei den Genossen wächst der Zweifel

BERLIN taz ■ In der SPD-Spitze ist plötzlich ein vermehrtes Auftreten ruhiger Hände zu beobachten. Nach Bundeskanzler Gerhard Schröder präsentierte sich gestern auch Verteidigungsminister Rudolf Scharping ganz als die Ruhe selbst, seine Hände reglos an der Hosennaht. „Ich tue unverändert ruhig und konzentriert meine Arbeit“, sagte Scharping kurz vor der Sitzung der SPD-Fraktion. Er habe die Gewissheit, dass er sein Amt weiterführen werde.

Scharpings Botschaft war klar: Ich trete nicht zurück, und der Kanzler hat mich auch nicht zum Rücktritt aufgefordert. Entsprechende Meldungen von Mittwochabend hatte die Regierung auch umgehend dementieren lassen. Gestern äußerte sich Schröder nicht über seinen Verteidigungsminister, auch nicht während der Fraktionssitzung, an der er zeitweise teilnahm. Die Rückendeckung für Scharping überließ er Fraktionschef Peter Struck und Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering – aber die fiel nicht besonders leidenschaftlich aus. Sie war vielmehr an Bedingungen geknüpft. Scharping könne „nur unter der Voraussetzung“ bleiben, dass mit seinen Inlandsflügen alles stimmt, sagte Müntefering. Dass dem so ist, daran haben immer mehr Politker auch in den eigenen Reihen Zweifel.

Im Laufe des gestrigen Tages wurde die Liste mit den umstrittenen Flügen nach Frankfurt am Main, wo seine neue Freundin Kristina Gräfin Pilati wohnt, immer länger. Erst war von 20, später sogar von 40 Reisen mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr die Rede. Bei etwa 12 Flügen soll zweifelhaft sein, ob sie wirklich einen dienstlichen Anlass hatten.

Die Häufigkeit von Scharpings Flügen nach Frankfurt soll erst seit August vergangenen Jahres aufgetreten sein, also nach dem Kennenlernen seiner neuen Freundin. Als besonders umstritten gilt ein Flug am 10. Mai dieses Jahres. Am 9. Mai, dem Geburtag von Gräfin Pilati, sei Scharping zwar mit einer Lufthansa-Maschine nach Frankfurt geflogen, am nächsten Tag allerdings mit einer Bundeswehr-Challenger als einziger Passagier nach Berlin zurückgereist.

JENS KÖNIG

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