: Doppelthema
Kraftfahrer – aufgepasst: Auch der Mann vom siebten Sinn kann durchaus einmal folgenschwer verunglücken
Kraftfahrer – aufgepasst: Der Siebte-Sinn-Mann sitzt am Steuer eines fahrenden Autos und erzählt, wie man verunglückten Motorradfahrern am besten den Helm abnimmt. Wenn man das nicht tut, können sie nämlich ersticken. Aber wenn man es doch tut, muss man aufpassen, damit der Kopf nicht mit abgeht.
Dazu gibt es Einspielungen zum Ablauf der korrekten Vorgehensweise: Zwei Helfer nehmen einem am Boden liegenden Biker den Helm ab. Das Unfallopfer blinzelt und guckt ganz entspannt. Ich glaube, die Szene ist nur gestellt. Dann wird wieder der Siebte-Sinn-Mann gezeigt: Dauernd dreht er sich in voller Fahrt zur Kamera, die auf dem Beifahrersitz mitfährt. Ist das nicht gefährlich? Sollte er nicht lieber auf die Straße gucken?
Kraftfahrer – Sie haben Recht: Das Bild wird schwarz, und als man wieder etwas sieht, ist es der Siebte-Sinn-Mann, wie er im Krankenbett liegt und voller Gips ist – von oben bis unten. Der alte Kameramann ist tot – das erfährt man unterschwellig, weil sein Foto in einem schwarzen Rahmen auf dem Nachttisch vom Siebten-Sinn-Mann steht. Aber, Kraftfahrer – aufgepasst: Es gibt einen neuen Kameramann, der den Siebten-Sinn-Mann befragt. Er fragt: „Warum haben Sie nicht auf die Straße geguckt? Sie müssten es doch gerade wissen. Warum haben Sie Ihren Text nicht einfach aus dem Studio gesprochen?“
Der Siebte-Sinn-Mann will antworten, aber er spuckt erst noch ein wenig Blut. Die Kamera geht ganz nah heran, weil seine Stimme so schwach ist. „Doppelthema“, flüstert er. „Doppelthema?“, fragt der Ersatz-Siebte-Sinn-Mann. „Zwei Themen in einer Sendung“, wispert der Verletzte, „einmal, wie man verunglückten Motorradfahrern den Helm richtig abnimmt, und dann, dass man beim Fahren nicht abgelenkt sein soll!“ Die hochschwangere Witwe vom vorigen Kameramann kommt ins Krankenzimmer und sagt, dass die Sendung sehr gut ist, weil sie die Kraftfahrer warnt.
Dann bittet sie darum, das Schlusswort sprechen zu dürfen. Sie setzt sich auf die Bettkante, zupft ihre Löckchen zurecht und spricht das Schlusswort: „Kraftfahrer – aufgepasst: Schauen Sie beim Rückwärtsfahren immer nach hinten! Schauen Sie beim Seitwärtsfahren immer zur Seite! Aber vor allem: Schauen Sie beim Vorwärtsfahren immer nach vorne! Sonst weint Ihre Frau und Ihr Kind hat keinen Vater. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!“ ULI HANNEMANN
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