: Euro bringt falsche D-Märker
Immer mehr Falschgeld ist im Umlauf. Kurz vor der Einführung des Euro-Geldes am 1. Januar tauchen vermehrt D-Mark-Blüten auf. Der wichtigste Grund: Die Geldfälscher wollen Restbestände loswerden
von RICHARD ROTHER
Die Tage der D-Mark im Portemonnaie sind gezählt, und die Geldfälscher geraten offenbar in Panik, das Spielgeld in spe nicht mehr loszuwerden. Zur Zeit häuften sich die Fälle, bei denen Betrüger versuchten, falsche Scheine an den Mann oder die Frau zu bringen, klagt Nils Busch-Petersen, Chef des Berliner Einzelhandelsverbandes.
Ein Fall sei ganz besonders krass gewesen, so Busch-Petersen. Zwei Jugendliche hätten jüngst in einer Kleintierhandlung versucht, etwas Katzenstreu und -futter mit einem 500-Mark-Schein zu bezahlen. Der Verkäufer hat allerdings die Blüte gerochen. Er müsse mal kurz zur Bank und den Schein wechseln, habe er den Jugendlichen gesagt, so Busch-Petersen. Daraufhin hätten die Jugendlichen das Geschäft fluchtartig verlassen.
Die Polizei bestätigt die Häufung der Fälle. „Wir verzeichnen einen leichten Anstieg bei diesen Delikten“, so ein Polizeisprecher. Zurzeit tauchten etwa 30-Falschgeldnoten pro Tag auf – vornehmlich 20-Mark-, 500-Mark- und 1.000-Mark-Scheine. Das ist rund ein Drittel mehr als im Regelfall. Jeder, der noch Falschgeld habe, versuche jetzt, sie auf den Markt zu bringen. Mit Erfolg: Die meisten Blüten werden erst von Wachunternehmen entdeckt, die das Geld im Auftrag der Kaufhäuser einsammeln, zählen und bei den Banken abliefern.
Einzelhandelschef Busch-Petersen mahnt die Händler zur Vorsicht. Diese müssten jetzt besonders aufmerksam sein. Dies gelte auch für die Zeit nach der Euro-Bargeld-Einführung. Da die Menschen den Umgang mit dem neuen Geld noch nicht gewohnt seien, könnten auch minderwertige Blüten in Umlauf gebracht werden.
Die Einführung des Euro-Bargelds – die D-Mark ist ja seit der Währungsunion am 1. Januar 1999 nur noch ein Zahlungsäquivalent der europäischen Gemeinschaftswährung – bereitet dem Handel auch darüber hinaus Sorgen. Im Januar und Februar nächsten Jahres wird sowohl Euro- als auch DM-Bargeld im Umlauf und gültig sein. Die Einzelhändler fürchten, so zur kostenlosen Wechselstube des Landes gemacht zu werden. Statt an jeder Kasse mit Euro und D-Mark zu hantieren, empfiehlt Busch-Petersen den Händlern, alle Kassen auf Euro umzustellen und nur eine Kasse zum Wechseln zu benutzen. Das sei letztlich effektiver. Busch-Petersen will zudem mit den Arbeitsämtern darüber verhandeln, ob für die zusätzliche Arbeit zeitweise Erwerbslose eingestellt werden könnten.
Busch-Petersen nimmt darüber hinaus die Einzelhändler gegen Vorwürfe in Schutz, sie würden die Euro-Bargeld-Einführung zu verdeckten Preiserhöhungen nutzen. Der Markt werde dem schon einen Riegel vorschieben. Die Händler würden sich damit ohnehin ins eigene Fleisch schneiden, betont Wirtschaftssenatorin Juliane Freifrau von Friesen. Eventuelle Preiserhöhungen seien aber nicht illegal. „Die Marktwirtschaft lebt vom Auf und Ab der Preise.“
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