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Rot-grüner Streit um solaren Fördertopf

Der Haushaltsansatz von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller sieht die Beibehaltung der jüngsten Fördermittelkürzung für Warmwasserkollektoren vor. Bündnisgrüne und Solarwirtschaft machen dagegen mobil

BERLIN taz ■ Hans-Arno Kloep würde sich „schämen, wenn ich ein grüner Wähler wäre“. Als Bereichsleiter der Nordwest Handels AG ist Kloep für den Großhandel mit Haustechnik zuständig. Und begeistert von Warmwasser-Solaranlagen. „25 Milliarden Mark schwer ist derzeit der gesamte Haustechnik-Markt. Wir erwirtschaften fünf Prozent unseres Umsatzes mit den Sonnenkollektoren.“ Kloep sieht einen derartigen Boom, dass er in einigen Jahren schon zweistellige Milliardenumsätze für realistisch hält. Oder besser hielt: Seit Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) die solare Förderung – das so genannte Marktanreizprogramm – um knapp die Hälfte zusammengestrichen hat, beobachtet Kloep starke Zurückhaltung des Baunebengewerbes.

Im Juli hatte der Wirtschaftsminister den Förderhöchstsatz pro Quadratmeter Solaranlage von 375 auf 170 Mark gesenkt. Dabei soll es auch im kommenden Jahr bleiben, wie aus dem Haushaltsansatz des Wirtschaftsministeriums, der seit gestern im Bundestag beraten wird, ersichtlich ist.

Dagegen machte gestern die Unternehmensvereinigung Solarenergie (UVS) mobil. Müllers Kürzungen würden den gesamten Wirtschaftszweig bedrohen, erklärte UVS-Geschäftsführer Carsten Körnig. „Wir wollen nicht wie die Kohle ständig am Subventionstropf hängen, aber eine derartig brachiale Streichung ist angesichts der Dynamik des Zweiges bedrohlich.“ Statt zu streichen solle auf die riesige Nachfrage eingegangen, das Anreizprogramm um 100 Millionen Mark aufgestockt werden.

Insgesamt 14.000 Arbeitsplätze stellt die Solarwirtschaft derzeit, davon allein 10.000 im Bereich Warmwasseraufbereitung. Mindestens 3.000 neue Jobs sollten nach UVS-Erhebungen im nächsten Jahr dazukommen. „Wir haben unsere Investitionen jetzt aber erst einmal zurückgestellt“, erklärte gestern Helmut Jäger von der Solvis Energiesysteme GmbH stellvertretend für viele Produzenten. Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle seien schon im August ein Drittel weniger Anträge für Solaranlagen als im Juli gestellt worden. Jäger: „Dieser Trend wird sich verstärken.“

Nicht, wenn es nach den Grünen geht. Gegenüber der taz erklärte gestern Markus Kurdziel, Koordinator des Arbeitskreises „Umwelt“ bei der Bundestagsfraktion, „Müller wird nachbessern. Wir werden die 400 Millionen Mark in den Fördertopf bekommen.“ Die Haushaltsexperten von SPD und Bündnisgrünen hätten sich darüber bereits verständigt. NICK REIMER

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