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Verunsicherung bei Muslimen

BERLIN/WIESBADEN/KÖLN dpa ■ Grünen-Politiker und islamische Verbände haben eindringlich davor gewarnt, Terror pauschal mit dem Islam gleichzusetzen. „Man kann nicht einzelne Verbrecher mit einer Religion gleichsetzen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir. Die Gesellschaft dürfe nicht in „Gut und Böse entlang der Trennlinien christlich und muslimisch“ eingeteilt werden, sagte Özdemir. „Barbarisch“ könnten auch andere Religionsgemeinschaften sein, sagte er mit Bezug auf die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken in Nordirland. Niemand käme auf die Idee, von Nordirland auf das ganze Christentum zu schließen. Ebenso dürfe nicht von den Terroristen auf den gesamten Islam geschlossen werden. Die Werte der Aufklärung und des Humanismus seien nicht das „Monopol“ des Christentums, sondern fänden sich ebenso bei Juden, Muslimen und anderen Religionen, so Özdemir weiter.

Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) sagte, es dürfe nicht zu einer „Beweislast-Umkehr“ kommen, sodass etwa Muslime beweisen müssten, dass sie gegen Gewalt seien.

Die Verunsicherung der Muslime in Deutschland ist groß. In den letzten Tagen häufen sich die Berichte über Anfeindungen. „Da kommt die Terroristin“, sei ihr nachgerufen worden, berichtet eine Sprecherin der islamischen Religionsgemeinschaft Hessen (IRH) in Frankfurt am Main. Sie habe schon zahlreiche Anrufe mit Beschimpfungen bekommen. In Kassel soll sich ein Lehrer geweigert haben, Muslimkinder zu unterrichten. Der Fall werde geprüft, berichtete der städtische Ausländerbeauftragte Helmut Schäfer.

„Ich spüre, wie die Stimmung umschlägt“, sagte der Frankfurter Ausländerbeirat Bahman Nirumand. In der islamischen Welt seien nach den ausländerfeindlichen Anschlägen die Deutschen nicht pauschal als unzivilisiert abgestempelt worden. „Nun muss man auch umgekehrt sehen, dass diese US-Anschläge das Werk von Extremisten und Verbrechern waren.“

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