: G 8 lief total paletti
In Genua „war alles in Ordnung“: Zu dem Schluss kommt der Bericht des Ausschusses, der die Polizeigewalt beim Gipfel untersucht hat
ROM taz ■ Eindeutig ist der Befund des Abschlussberichts, der den Mitgliedern des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu den Ereignissen des G-8-Gipfels in Genua vorliegt. Es gebe „keine Zweifel am positiven Gelingen des Gipfels“, verfügte der Ausschussvorsitzende Donato Bruno von der Forza Italia.
Die Koalition ist offenkundig gewillt, sich selbst und der Polizeiführung einen moralischen Freispruch zu erteilen. Schuld an den heftigen Auseinandersetzungen, die einen Toten und hunderte Verletzte forderten, ist dem Bericht zufolge allein das Genoa Social Forum. Das GSF nämlich habe mehrere Seelen in seiner Brust; neben der pazifistischen „christlicher Inspiration“ auch eine „politisierte“, die auf Sabotage des G 8 gesetzt habe und, schlimmer noch, eine „gewalttätige Seele“. Auch will Bruno innerhalb des GSF eine „Guerilla-Seele“ ausgemacht haben – auf diese Weise wird der Schwarze Block per Parlamentsbeschluss zum Bestandteil des GSF erklärt. Aber auch die Pazifisten finden keine Gnade: Die Gewalttäter nämlich hätten während des gesamten G 8 auf „Toleranz von Seiten der friedlichen Demonstranten“ zählen können.
Angesichts des mächtigen Feindes könne man der Polizei nur gratulieren; die Sicherheitskräfte „haben höchsten Einsatz gezeigt und auf dem Feld der physischen Unversehrtheit einen hohen Preis gezahlt“. Zu diesen Bewertungen kommt der Abschlussbericht allerdings nur, weil er die Resultate der Beweiserhebung im Ausschuss teils ignoriert, teils auf den Kopf stellt. So wird behauptet, die Demo der „Weißen Overalls“ sei „am Ende der genehmigten Wegstrecke“ attackiert worden, weil versucht wurde, „die Barrieren“ (die am Ort der Zusammenstöße schlicht nicht vorhanden waren) zu durchbrechen. Oppositionsabgeordnete im Ausschuss gewannen allerdings aus Videodokumenten ein anderes Bild: Weder befand sich der Zug am Ende des polizeilich genehmigten Weges, noch erfolgten aus seiner Mitte heraus Angriffe. Einzelne Black-Blocker bewarfen die Carabinieri und zogen dann unbehelligt ab, während die Gewalt der Staatsmacht sich „gegen eine genehmigte und friedliche Demo“ entlud, so Franco Bassanini.
Auch mit Blick auf den Sturm der Scuola Diaz hält die Regierung an der Linie „alles in Ordnung“ fest; bestenfalls hätten „einzelne Beamte“ über die Stränge geschlagen. Die Misshandlungen im Polizeigewahrsam hätten auch nicht stattgefunden; Bruno konstatiert für die Kaserne Bolzaneto „die vollständige Einhaltung der Regeln“.
Mit diesem Bericht werde „das italienische Parlament vor den Bürgern und der europäischen Öffentlichkeit diskreditiert“, befand der Abgeordnete Gianclaudio Bressa. Die Opposition kündigte an, in in den nächsten Tagen einen eigenen Abschlussbericht vorzulegen. MICHAEL BRAUN
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