: Generalverdacht: Araber
Innensenator Körting (SPD) veranlasst Überprüfung aller Studenten arabischer Herkunft. Technische Universität verweigert vorerst Herausgabe der Daten. Grüne und PDS kritisieren „Generalverdacht“
von ARMIN BEBER und UWE RADA
In Berlin hat die Polizei nicht mehr nur Islamisten, sondern alle Studenten bestimmter Herkunftsländer im Visier. Auf Anweisung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat das Landeskriminalamt die Berliner Universitäten um Herausgabe der Daten von arabischen Studenten aufgefordert. Allein an der Technischen Universität (TU) sind 400 Studenten betroffen, wie der Leiter des Präsidialamtes, Janko Jochimsen, der taz bestätigte.
Grundlage der Überprüfung sei eine Liste von 12 Herkunftsländern, sagte Jochimsen. Genauere Angaben zu den betroffenen Ländern wollte er nicht machen. Letztlich seien sie aber alle im Zusammenhang mit den Attentaten in den USA „einschlägig bekannt“. Eine ähnliche Anfrage an die Freie Universität (FU) wollte der Leiter der Rechtsabteilung, Helmut-Johannes Lange, weder bestätigen noch dementieren.
Auf der gestrigen Sitzung des Innenausschusses hatte Innensenator Körting noch erklärt, man dürfe Menschen nicht allein wegen ihrer Herkunft stigmatisieren. Körting wies aber auch darauf hin, dass die Bundesländer auf der Sitzung der Innenministerkonferenz über die Möglichkeit einer Rasterfahndung gesprochen hätten. Nachdem Hamburg bereits offiziell eine solche Rasterfahndung in die Wege geleitet hat, führt nun auch die Berliner Polizei Ermittlungen gegen Menschen durch, die nicht auf einen konkreten Verdacht zurückgehen, sondern einzig auf Kriterien wie die staatliche Herkunft.
Die Innenverwaltung selbst wollte gestern nicht dazu Stellung nehmen, ob es sich bei den Ermittlungen um eine Rasterfahndung handelt. „Die Berliner Polizei führt präventivpolizeiliche Ermittlungen zur Gefahrenabwehr durch“, sagte Körtings Sprecherin Svenja Schröder-Lomb. Dazu gehörten auch die Gespräche mit den Universitäten. Schröder-Lomb betonte, dass es sich dabei um eine Ermittlung der Berliner Behörden und nicht der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe handelt.
Bislang allerdings ist die Polizei mit ihrer groß angelegten Ermittlung nicht weit gekommen. Wie der Leiter des TU-Präsidialamtes mitteilte, habe man die Herausgabe der geforderten Daten verweigert. Begründung: Die Anfrage beziehe sich nicht auf individuelle Personen. Stattdessen hat die Universität den ganzen Fall dem Landesdatenschutzbeauftragten Hansjürgen Garstka übergeben. Der hält es in einer ersten Stellungnahme allerdings für denkbar, dass die Vorgehensweise der Ermittler rechtmäßig sei.
Beim grünen Koalitionspartner haben die Ermittlungen gestern großen Ärger hervorgerufen. „Ein solches Vorgehen ist genau der Generalverdacht, den wir bislang immer ausschließen wollten“, sagte Sibyll Klotz, Spitzenkandidaten der Grünen für die Abgeordnetenhauswahl. Auch PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi forderte den Innensenator auf, „alles zu unterlassen, was dazu führt, dass Menschen wegen ihrer Herkunft unter Generalverdacht gestellt werden“.
Begrüßt wurde die Überprüfung aller Studenten einer bestimmten Herkunft dagegen vom innenpolitischen Sprecher der CDU, Roland Gewalt. „Es scheint, als ob Körting entsprechenden Forderungen der Union folgen will“, sagte Gewalt der taz. „Man wird in Deutschland an der Rasterfahndung nicht vorbeikommen, um Terroristen aufzuspüren, die als so genannte Schläfer hier geparkt werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen