: Kleiner Pieks mit großer Wirkung
■ Bremer Hebammen befürworten Akupunktur zur Geburtserleichterung und danach: Sogar bei der Milchbildung könnten die kleinen Stiche helfen
Akupunktur ist „in“ bei Schwangeren, denn sie verkürzt die Geburtsdauer und erspart damit Schmerzen. Ab der 36. Schwangerschaftswoche können Frauen mit der Behandlung beginnen. Einmal pro Woche werden für die nächsten vier Wochen bis zum Geburtstermin drei hauchdünne Nadeln (0,3 mm) in jedes Knie gesteckt, in der letzten Woche auch eine in die kleinen Zehen. Ein kleiner Pieks nur und manchmal ein leichtes Zucken (das sogenannte „De-Qui-Gefühl“), mehr spürt die Frau nicht. Während der nächsten halben Stunde Behandlungszeit sind die Nadeln nicht zu spüren; es geht eine entspannende Wirkung von ihnen aus.
Durch die Akupunktur wird der Muttermund weich. Bei Wehenbeginn öffnet er sich deswegen schneller. Akupunktierte Frauen haben daher einen „geburtsbereiteren“ Muttermund, als nichtakupunktierte Frauen. Eine Studie von Ärzten an der Frauenklinik Mannheim hat ergeben, dass sich hierdurch die Entbindungszeit im Durchschnitt um zwei Stunden verkürzt.
Im übrigen können mit der Akupunktur auch verschiedene Schmerzzustände, Schlaflosigkeit, Bluthochdruck oder Übelkeit behandelt werden. So können Schwangere die Gefährdung ihrer Babys durch Medikamente oder Schmerzmittel vermeiden.
Eine wichtige Behandlungsmethode ist die Wärmeakupunktur (Moxibustion) bei Beckenendlagen. „Wenn das Baby falsch herum liegt“, erklärt Annette Hilse von der Hebammen Praxis Bremen, „können bestimmte Punkte am Fuß mit einer dicht über der Haut gehaltenen Beifuß-Zigarre wärmeakupunktiert werden. Hierdurch gerät das Baby in Bewegung. Oft nutzt es das, um sich umzudrehen“. Auf diese Weise kann manchmal ein Kaiserschnitt vermieden werden.
Um die Behandlung durchführen zu können, müssen Hebammen vierzig Stunden Zusatzausbildung und viele Monate Praxiserfahrung vorweisen. Die Bedeutung der Akupunktur für die Geburtsvorbereitung hat in den letzten fünf Jahren enorm zugenommen. Etwa zwei Drittel aller Erstgebärenden nehmen sie bundesweit in Anspruch. In Bremen wird sie von vielen Hebammenpraxen, einigen FrauenärztInnen und in allen Frauenkliniken angeboten.
Auch während der Geburt kann die Frau sich zur Schmerzlinderung und Entspannung akupunktieren lassen. Nach der Geburt kann die Akupunktur bei Rückbildungsstörungen, Still- oder Milchbildungsproblemen helfen.
Die Akupunktur ist ein Bereich der Traditionellen Chinesischen Medizin. Sie geht davon aus, dass verschiedene Energien durch ein System von Leitbahnen (Meridianen) im Körper fließen. Das Ziel ist, durch gezielte Reizung von Akupunkturpunkten (kleine Vertiefungen in den Muskeln) Blockaden in den Energieverläufen des Körpers zu lösen. „Akupunktur ist die Regulierung von Störungen,“ erklärt die Hebamme Annette Hilse. „Wir leiten die Energie wieder in die richtigen Bahnen.“ Körperliche und seelische Störungen werden so wieder ins Gleichgewicht gebracht.
Bei über 90% aller Frauen zeigt die Akupunkturbehandlung eine positive Wirkung. Nur wenige reagieren nicht darauf. Die Gründe liegen hier meistens entweder bei falsch ausgewählten Akupunkturpunkten, an der allgemeinen Geburtsmechanik (z.B. ein ungewöhnlich großer Kopf des Babys) oder aber bei einer Voreingenommenheit der Gebärenden gegenüber der Akupunkturtherapie insgesamt. Nina Gessner
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