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Ein Leben ohne Überraschung

■ Regenbogen scheidet als linke Opposition aus dem Rathaus

Die Bürgerschaftsabgeordnete Susanne Uhl sitzt mit Block und Kugelschreiber vor dem Fernseher. Die Stimmung beim Regenbogen für eine neue Linke im Restaurant Palé an der Feldstraße ist gespannt. Immer mehr Menschen drängen sich vor den zwei Fernsehern, rauchen und halten sich an ihren Getränken fest. Noch zehn Sekunden bis zur ersten Prognose. „Das ist ja wie an Silvester“, sagt Uhl lachend. Doch die Prognosen ernüchtern: „Das ist alles eine große Scheiße“, findet Vorstandsmitglied Tina Rosenbusch. Nun werde sich die Partei auf ihr zweites Standbein stützen und außerparlamentarisch weiterarbeiten.

Auch die erste Hochrechnung bringt für den Regenbogen kein erfreulicheres Ergebnis. Susanne Uhl hat alle Zahlen mitgeschrieben. „Manchmal würde ich mir wünschen, dass es Überraschungen im Leben gibt“, sagt sie traurig. Aber unter den 4,5 Prozent Sonstige könnten noch drei Prozent Stimmen für den Regenbogen sein. „Und das sind schon eine ganze Menge Menschen“, findet sie.

Susanne Uhl sitzt weiter fassungslos vor dem Fernseher. „Egal ob Schill in der Regierung ist, oder nicht, er wird die Parteien weiter vor sich hertreiben.“ Sie hofft da-rauf, dass diejenigen, die bei dieser Wahl aus Angst vor Schill Rot-Grün unterstützt haben, „aufstehen und SPD und GAL dazu drängen, eine aggressive Opposition zu machen“. Dass die GAL in der Opposition wieder zu ihren alten Positionen zurückfindet kann sie nicht glauben. „Ich nehme nicht an, dass die Grünen jemals wieder zu guten Positionen finden.“

Nach der ersten Hochrechnung haben sich viele auf die Bänke vor dem Palé gesetzt. Auf den Gesichtern steht Ratlosigkeit. Drinnen hängen bunte Luftballons „Opposition machen wir mit links“ steht darauf. Allen im Palé ist klar, dass der Regenbogen parlamentarisch nicht mehr dazu beitragen kann.

Michaela Soyer

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