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KV: Rückzieher vor Gericht

■ Nach Monaten erklärt sich die Kassenärztliche Vereinigung bereit, das Arbeitsrecht zu respektieren: Justiarin darf wieder als Justitiarin arbeiten

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bremen musste gestern vor dem Landesarbeitsgericht einen vollständigen Rückzieher machen. Der Termin war angesetzt worden, weil die KV die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht hinnehmen wollte.

Der Konflikt: Die Justitiarin der KV hatte in einer internen Vorstandssitzung die Berechnung des Budgets für die Praxis des derzeitigen KV-Vizepräsidenten Jörg Rüggeberg unter rechtlichen Gesichtspunkten in Frage gestellt. Die KV verhängte ein Hausverbot und kündigte ihr fristlos. Diese erste und auch weitere fristlose Kündigungen zog die KV inzwischen zurück, schob aber eine fristgerechte Kündigung nach und erklärte, das Hausverbot bleibe erhalten. Die Jus-titiarin musste das Arbeitsgericht bemühen um klarzustellen, dass das Arbeitsrecht auch für die KV gilt: Solange die Kündigungfrist nicht abgelaufen ist, muss ein Arbeitnehmer in seiner Funktion beschäftigt werden. Aber auch diese Klarstellung des Arbeitsgerichts hat die KV nicht akzeptiert, erst durch den dann erwirkten Titel für eine Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher ließ sie sich überzeugen, die gerichtliche Klarstellung zu akzeptieren – bis zum Termin vor dem Landesarbeitsgericht.

Gleichzeitig musste die Justitiarin das gesamte Arsenal der Einschüchterungen über sich ergehen lassen: Als die KV sie aufgrund der drohenden Zwangsvollstreckung wieder ins Haus ließ, musste sie in einem Zimmer ohne Telefon ein angeblich dringendes „Gutachten“ erstellen, ihr Arbeitszimmer stand leer, und sie durfte ihre vertraglich vereinbarte Tätigkeit als Justitiarin nicht wahrnehmen. Gleichzeitig bemüht sich die KV, eine öffentliche Berichterstattung über den arbeitsrechtlichen Feldzug zu verhindern: Als die taz über den Fall berichtete („Halbgötter in Weiß außerhalb der Legalität“, taz 11.8.), drohte die KV der Justitiarin erneut mit Kündigung. Begründung: Die taz hatte den Anwalt zitiert („sowas kenne ich nur aus dem Milieu von Baufirmen“), das müsse sich die Mandantin zurechnen lassen. Eine Arbeitsrichterin wies als Vorsitzende der Einigungsstelle dieses Ansinnen zurück.

Inzwischen hat sich auch das Arbeitsressort als Aufsichtsbehörde über die Kassenärztliche Vereinigung für die Vorwürfe gegen deren stellvertretenden Präsidenten interessiert. In einer detaillierten Liste von Fragen verlangte der Senator für Arbeit Auskunft darüber, um wieviel das Budget des Arztes geringer ausgefallen wäre, wenn die korrekte Berechnung zugrunde gelegt worden wäre.

Nach einem rechtlichen Hinweis durch den Vorsitzenden Richter zeigte sich die KV gestern sehr einsichtig: Sie zog ihre Beschwerde zurück und sicherte der Justitiarin zu, dass sie wieder in ihrem früheren Arbeitszimmer sitzen dürfe und ihre normale Tätigkeit als Justitiarin der KV ausüben dürfe. Das bedeutet, dass sie die KV auch gerichtlich vertreten darf und als „Geschäftsstelle“ die Funktion des Berufungsausschusses für die Zulassung von Ärzten wahrnimmt.

Am 31.10. treffen sich beide Parteien wieder vor dem Arbeitsgericht zur Verhandlung um die Kündigungsschutzklage.

K.W.

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