: Kleine Truppe mit schwachem Mandat
Die Nato-„Task Force Fox“ soll zivile Beobachter in Mazedonien schützen. Rebellengruppe UÇK löst sich angeblich auf
DUBROVNIK taz ■ In der Nacht zu Mittwoch hat sich die Nato mit der mazedonischen Regierung über die Entsendung der internationalen Schutztruppe in das Land geeinigt. Das Resultat kann die Nato nicht ganz befriedigen: So ist der Zeitraum des Mandats vorerst auf 3 Monate begrenzt. In Brüssel hatte man mit 6 Monaten gerechnet. Zudem ist der Umfang der Truppe mit lediglich 700 Mann geringer als die von den Nato-Verantwortlichen als nötig angesehenen mindestens 1.000 bis 1.100 Mann. Immerhin kann in Mazedonien auf weitere 200 Mann Logistiker der im Kosovo tätigen KFOR-Truppen zurückgegriffen werden.
Dass eine Resttruppe der Nato in Mazedonien bleiben muss, wurde gleich nach Beginn der Aktion „Reiche Ernte“ von der albanischen Seite und Balkanexperten gefordert. Zwar hat die albanische Rebellenarmee UÇK die vor der Sammelaktion der Nato geforderten 3.300 Waffen freiwillig abgegeben, doch damit ist der Friede im Lande noch lange nicht gesichert. Der Abzug der Nato hätte ein Machtvakuum hinterlassen. Die Gefahr von weiteren Kämpfen oder Racheakten an der albanischen Bevölkerung ist nicht gebannt. Darum sollen zivile Beobachter der Europäischen Union (EU) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE ) vor Ort sein, wenn mazedonische Polizei wieder in die bisher von der UÇK kontrollierten Gebiete einrückt.
Um diese Beobachter vor Übergriffen zu schützen, tritt die neue Nato-Truppe mit dem Titel „Task Force Fox“ (Einsatzgruppe Fuchs) an. Die internationale bewaffnete Macht sei notwendig, um beim „Prozess der Umsetzung des Abkommens von Ohrid“, also des Friedensplans, „den diplomatischen Bemühungen Nachdruck zu verleihen“, formulierte ein hoher Diplomat. Mit dem derzeitigen Mandat könnte ein solcher Anspruch aber kaum umgesetzt werden.
Es ist noch keineswegs ausgemacht, dass das Parlament in Skopje die notwendigen Verfassungsänderungen mit Zweidrittelmehrheit beschließt. Sollte sie es tun, bleiben den Nationalisten im slawisch-mazedonischen Lager genug Möglichkeiten, die Umsetzung des Abkommens zu blockieren oder die Frist einfach abzuwarten, ohne ernsthaft an der Versöhnung zu arbeiten. Die Diskussionen der letzten Tage zeigten, dass es vor allem bei der führenden Regierungspartei VMRO starke Widerstände gegen die „internationale Komponente“ gibt.
Ebenso ist noch nicht sicher, ob alle Albaner den bewaffneten Kampf wirklich aufgegeben haben. Zwar hat der politische Sprecher der Rebellen, Ali Ahmeti, gestern versichert, die UÇK habe sich aufgelöst, ihre Kämpfer gingen wieder ihren zivilen Beschäftigungen nach. Ob es dabei bleibt, ist nicht abzusehen.
Viele Diplomaten sind also mit guten Gründen skeptisch, was den jetzt ausgehandelten Zeitplan und das Mandat betrifft. Drei Monate werden nicht ausreichen, die Aufgaben zu bewältigen. Die Festlegung auf einen Zeitpunkt des Abzugs birgt erfahrungsgemäß auch Nachteile. Hardliner der Konfliktparteien können einfach diesen Zeitraum abwarten, ohne ernsthaft an der Versöhnung zu arbeiten.
Deutschland, das den Einsatz leitet und mit 600 Soldaten auch den größten Teil der Truppe stellt, trägt eine hohe Verantwortung. Zwar haben die Bundeswehr, die deutsche Diplomatie und auch die zivilen deutschen Organisationen bei den slawischen Mazedoniern in den letzten Monaten einiges Misstrauen, sie begünstigten die Albaner, abbauen können. Ob aber die Autorität der von Deutschland geführten Truppe – neben Deutschen werden auch Italiener und Franzosen sowie wahrscheinlich Schweden an der Aktion teilnehmen – angesichts des schwachen Mandats und dem Fehlen der Amerikaner und Briten ausreicht, den Friedensprozess aktiv voranzutreiben, ist fraglich. Bei einem Scheitern der Mission wäre die deutsche Außenpolitik in einer äußerst unkomfortablen Position. In Berlin sei das „Muffensausen“ und das „Zähneklappern“ nicht mehr zu überhören, hieß es aus diplomatischen Quellen in Skopje.
ERICH RATHFELDER
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