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Diktatoren werden Freunde

Menschenrechtler in den USA befürchten, Washington könne aus Rücksicht auf die Anti-Terror-Allianz die Repression in verbündeten Ländern geflissentlich übersehen. Beispiele: Usbekistan und Pakistan

WASHINGTON ap ■ Die Anti-Terror-Allianz, die die USA mit Staaten im Nahen Osten eingehen, um Ussama Bin Laden, den mutmaßlichen Urheber der Attentate von New York und Washington, dingfest zu machen, führt zunehmend zur Besorgnis von Menschenrechtsgruppen. Diese warnen davor, der angestrebten Zerschlagung von Bin Ladens Organisation al-Qaida die Menschenrechte unterzuordnen. Sie befürchten, Washington könne aus Rücksicht auf seine neuen Partner Unrecht geflissentlich übersehen.

„Schaffen wir wieder eine Situation, in der wir auf einer Seite stehen mit einem Haufen repressiver Regime, wie wir es im Kalten Krieg taten?“, fragte Jim Steinberg, stellvertretender nationaler Sicherheitsberater unter Expräsident Bill Clinton.

Das Weiße Haus erklärte, es werde weiterhin die Menschenrechte sorgsam gegen die Terrorismusbekämpfung abwägen. „Die USA werden nie aufhören, mit der Welt über die Bedeutung der Menschenrechte zu sprechen“, so Regierungssprecher Ari Fleischer letzte Woche.

Kritiker blicken mit Sorge auf einige Länder in der Anti-Terror-Allianz. Usbekistan bemühte sich seit Jahren vergeblich um eine Verbesserung der Beziehungen zu den USA. Diese hielten bis vor kurzem mit Verweis auf die Menschenrechtsverstöße unter dem autoritär herrschenden Präsidenten Islam Karimow auf Distanz zu Usbekistan.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, sagte über Usbekistan: „Ich kann nicht sagen, dass Menschenrechte bei jedem Treffen angesprochen werden.“ Er versicherte jedoch, das Thema sei nicht von der Agenda verschwunden.

Die Menschenrechte spielen auch bei den Beziehungen zu Russland eine Rolle. In der vergangenen Woche forderten US-Regierungsvertreter die Rebellen in Tschetschenien erstmals auf, ihre Kontakte zu internationalen terroristischen Gruppen abzubrechen. Auf solch eine Stellungnahme hatte Moskau seit Jahren gedrängt, aber die USA hatten stattdessen auf die Gräueltaten von Soldaten an Tschetscheniens Zivilbevölkerung verwiesen.

In Pakistan hatten die USA vor dem 11. September den Militärmachthaber Pervez Musharaf gedrängt, demokratische Wahlen anzusetzen. Jetzt sind sie mehr daran interessiert, die Regierung von Musharaf zu stabilisieren. Finanzhilfen in Millionenhöhe wurden bereits genehmigt und Sanktionen aufgehoben.

In Ägypten und Saudi-Arabien könnte die Polizei Folterungen anordnen, um Informationen über al-Qaida zu bekommen.

Die größte Gefahr für die USA besteht nach Ansicht der Kritiker darin, durch Bündnisse mit Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind, immer mehr Menschen gegen sich aufzubringen. „Die USA könnten plötzlich zum Ziel weiterer Attacken werden, weil wir mit antidemokratischen, repressiven Regimen in Verbindung gebracht werden“, befürchtet Steinberg.

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