: Der Fisch wird teurer als die Dose
BSE-Krise hat sich positiv auf die Fischwirtschaft ausgewirkt. ■ Von Gernot Knödler
Seit der BSE-Krise essen die Deutschen verstärkt Meeresfrüchte. Das hat eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ergeben, die der Interessenverband „Fisch-Informationszentrum“ (FIZ) gestern an den Landungsbrücken vorstellte. Bei der Veranstaltung wurde deutlich, dass die Bestände mehrerer Fischarten stark überfischt sind. Ob die Kennzeichnungspflicht, die die EU zum neuen Jahr einführen will, daran etwas ändern wird, ist zweifelhaft.
Die GfK hatte in einer repräsentativen Umfrage deutsche Haushalte nach ihrem Fisch-Konsum befragt. Zwischen Juli 2000 und Juni 2001 sind demnach eine Million Haushalte zu Fischkäufern geworden. Statt 82 Prozent im Vorjahreszeitraum kauften 86 Prozent aller Haushalte Fisch und das in zunehmenden Mengen: gut zehn statt knapp neun Kilogramm pro Jahr.
Der Zuwachs durch BSE ist nach Einschätzung des Fischkaufmanns Peter Koch-Bodes vom Vorstand des FIZ aber nur vorübergehender Natur. Während die Fischfachgeschäfte bis Ostern einen Boom erlebten, sank der Umsatz anschließend zwar wieder etwas, lag aber dennoch fünf bis zehn Prozent über dem des Vorjahres. Man werde „wahrscheinlich die Zahlen nicht auf diesem Niveau halten können“, sagte Koch-Bodes.
Bei einzelnen Fischarten rechnen die Betriebe gar mit großen Preissteigerungen. So ist zum Beispiel in der Ostsee die Fangquote für den Hering für das kommende Jahr von 300.000 auf 200.000 Tonnen herabgesetzt worden, um dem Bestand eine Erholung zu gönnen. Weil zeitgleich die Osteuropäer viel Hering nachfragen, verzeichen die Händler im Einkauf Preissteigerungen von 100 bis 150 Prozent, die aber nur teilweises an die Verbraucher weitergegeben werden. „Es ist endlich mal wieder ein Zustand erreicht, wo die Fische in der Dose mehr kosten als die Dose für die Fische“, sagte FIZ-Geschäftsführer Matthias Keller zufrieden.
Der Hering gehört zu den 60 Prozent aller wertvollen Fischarten, die als überfischt gelten, was gefährliche Folgen für die Ökosysteme in denen sie leben, nach sich zieht. Dem Kabeljau in der Nordsee setzte die Fischerei so zu, dass die Population zusammenzubrechen drohte. Die EU-Kommission hatte Anfang des Jahres deshalb ein Fangverbot für die Art erlassen. Keller gab sich jedoch optimistisch, dass sich der Kabeljau schnell erholen werde. Die „unglaubliche Reproduktionsrate“ des Fisches mache das möglich.
Dennoch hat auch die deutsche Fischereiwirtschaft das Problem erkannt und eine „Initiative zur bestandserhaltenden Fischerei“ ins Leben gerufen. Auch die Absicht der EU, Fische im Handel besser zu kennzeichnen, begrüßte das FIZ. Künftig muss angegeben werden, ob ein Fisch, Krebs oder Weichtier aus dem Meer, aus einem Binnengewässer oder einer Aquakultur stammt und in welchem Meer das Tier gefangen wurde. Verarbeitete Tiere – eingelegte Fische, gepulte Krabben – sind von dieser Vorschrift allerdings ausgenommen.
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