: „Dieses Land braucht Männer“
Auf der Kriegsbuchmesse entdeckt (3): Peter Scholl-Latours „Ich krieg die Krise“
Er ist der große Experte, wenn es um die so weit entfernten und gefährlichen Länder Arabiens geht. Peter Scholl-Latours soeben erschienenes Buch „Ich krieg die Krise“ ist ein Kompendium der Apokalypse. Ein Meisterwerk. Wir veröffentlichen vorab Auszüge.
Auch dieser Tage blättere ich wieder am liebsten in meinen eigenen Büchern. „Mein Afghanistan“ finde ich sehr gut. Oder „Den Gottlosen die Hölle“. In Letzterem schrieb ich ganz richtig vor zehn Jahren eine Einleitung, die immer passt: „Schon wieder der Islam! Ermattung oder sogar Überdruss mag sich beim Leser einstellen, wenn von bärtigen Mullahs, von koranischer Wiedergeburt und fundamentalistischer Rückbesinnung auf die Lehre des Propheten Mohammed, von der Revolution im Namen Allahs die Rede ist.“ Und jetzt soll Bin Laden, ein Zögling Washingtons – was ich schon vor vielen Jahren an seinem Vornamen USAma bewies – herhalten, um die Zwangsvorstellung von der mohammedanischen Dauerkrise neu zu schüren? „Ja!“ – lautet meine einhellige Antwort! Und: Der faszinierende Anreiz bei der Schilderung des Zeitgeschehens, der Aufspürung des Zeitgeistes ist in der Voraussage des Kommenden zu suchen!
In den vergangenen Jahren ist die Bipolarität zwischen Washington und Moskau zu Ende gegangen. Der große russische Bär krankt! Da kamen Bin Laden und seine afghanischen Helfershelfer gerade recht, schließlich hat Moskau selbst Probleme mit den islamischen Massen: Gleich nach dem letzten Schluck Kalten Kriegskaffees betrachteten die muselmanischen Völker des roten Imperiums die Höllenfahrt ihrer entmachteten kommunistischen Kolonialherren mit Freude, angestachelt von ihren religiösen Führern: Die Prediger und Imame zwischen Duschanbe und Baku wurden nicht müde, in ihren Appellen an die Gläubigen, auf jenes Gottesgericht – „yaum ud din“ – zu verweisen, das am Ende einer gigantischen Anmaßung die frevlerische Heerschar der Gottlosen heimsucht. So wie Moskau unter diesen Umständen konsequent die Waffenbrüderschaft mit den USA sucht und gleichzeitig gegen „seine Usamas“ vorgeht, räumt gerade jedes Land seinen Laden auf: Wer spielt jetzt nicht gerne „Mi-Ma-Mullahla“!? Selbst die Deutschen versuchen es . . .
Nur dürfen die Deutschen nicht delirieren, im Kampf gegen Bin Laden seien ihre Soldaten einsatzbereit. Sie sind es nicht! Ich habe keine Angst vor einem Krieg; Angst liegt nicht in meinem Naturell. Nein, die Bundeswehrsoldaten wissen nicht, was es heißt zu kämpfen. Exerzieren können sie vielleicht, aber nicht durch Wüstensand robben. Und Guerilla-Taktiken beherrschen sie ohnehin nicht. Aber: Terror ist nur mit Terror zu bekämpfen; grüne Gurken kann man allenfalls ins Feld führen gegen den Terror der Gesichtsfalten. Deshalb kriege ich, wenn ich Scharping, Schröder und Co höre, die Kriegskrise! Die werden begreifen müssen, dass die Spaßgesellschaft ausgedient hat. Dieses Land braucht Männer. Echte Männer! Nicht solche, die Staub und Matsch für Fangopackungen halten.
Was aber kommt nach Afghanistan? – Eine Frage, die man mir seit dem 10. September häufig stellt. Ich antworte grundsätzlich, aber wieder zu recht: düster! Die US-Elitesoldaten, denen selbst ich, ein Fremdenlegionär, einige Grundfähigkeiten zusprechen muss, haben angefangen, Bin Laden den grünen Gebetsteppich unter dem Arsch wegzuziehen. Danach wird in Afghanistan ein pro-amerikanisches System eingesetzt. Damit haben die USA dann unmittelbar vor der chinesischen Mauer einen gemütlichen Vorposten.
Die EU lässt sich derweil die strategische Margarine vom Brot kratzen. Die Bipolarität der Zukunft wird chinesisch-amerikanisch – das ist so sicher wie die alten Mao-Mützen-Männer dem Abgrund entgegentaumeln. Zudem wird nach dem US-Einsatz in Afghanistan, das prophezeie ich, aus der Konfrontation mit dem Islam eine Kooperation. Die USA werden, um die gelbe Flut zu stoppen und die rote Mauer niederzureißen, von Afghanistan aus den Funken der islamischen Wiedergeburt überspringen lassen auf die muselmanischen Völker, die derzeit noch unter der Fuchtel des chinesischen Drachen leben. Ich verweise lediglich auf die turkomanischen Uiguren. Für den Fall, dass die USA Bin Laden im Verlauf ihrer Aktionen in Afghanistan nicht finden sollten, lautet mein Tipp an die EU daher: Bombardiert China; die Mandarine von Peking haben Bin Laden Asyl gegeben. Ihr Weicheier in Brüssel und Berlin, das ist Eure letzte Chance. AUFGESCHRIEBEN VON
JENS MEHMET HALBERBOCK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen