Ausgesperrte Karten

■ Glocke-Veranstalter darf (vorerst) wieder Tickets in der Glocke verkaufen

Gestern vormittag um 11 Uhr war die Welt noch nicht in Ordnung. Vor dem Foyer der Glocke staute sich ein Trüppchen Bremer Kulturtreibender: Die einen wollten Konzertkarten verkaufen – zum Beispiel für Chris Barber, der in zwei Wochen in die Stadt kommt – die anderen durften sie nicht rein lassen.

Eine paradoxe Situation, typisch für die derzeitigen Verwerfungen in der Bremer Konzertszene. Seit die Stadt ihre Anteile am Ticket-Service-System (TSC) im Rahmen eines Exklusiv-Pakets an Großveranstalter Klaus-Peter Schulenberg verkauft hat, haben die Anwälte Arbeit. Denn die Konkurrenz akzeptiert nicht, dass sie für ihre Glocke-Konzerte in der Glocke keine Karten verkaufen darf – ohne den Mitbewerber Schulenberg am Gewinn zu beteiligen.

Gegen das Schulenberg'sche Exklusiv-Recht hat die Bremer Konzertdirektion Schmidt eine einstweilige Verfügung durch das Landgericht erwirkt (die taz berichtete): Die Aufstellung eines Computer-Terminals mit Schmidt-Karten (vertrieben über das qivive-Verkaufsystem) sei aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit zuzulassen – mit dem gestrigen Freitag als Stichtag.

Das wiederum brachte die stadteigene Hanseatische Veranstaltungs Gesellschaft (HVG) in Nöte: Denn sie hat die TSC-Anteile ja inklusive eines „exklusiven Gebietsschutzes für Nordwestdeutschland“ an Schulenberg verkauft. Das ganze Vertragswerk zwischen Stadt und Unternehmer (inklusive des Verkaufs des Musical-Theaters am Richtweg) könnte durch das Ticket-Urteil des Landgerichts in's Rutschen kommen.

Also legte die HVG Widerspruch ein und wies die MitarbeiterInnen ihre Tochtergesellschaft Glocke an, Qivive und Schmidt nicht an den Terminal zu lassen – trotz der Verfügung.

„Eine unangenehme Situation“, kommentierte HVG-Sprecher Torsten Haar im gut besuchten Foyer. Wild piepsten die Handys, Anwälter und Richter wurden eilig befragt, schon wähnte man Gerichtsvollzieher um die Ecke lugen. Doch dann – nach einer guten Stunde – war der Spuk vorbei: Die HVG lenkte ein (vorbehaltlich ihres juristischen Widerspruchs): Die Glocke durfte aufschließen, die Kunden Chris-Barber-Karten kaufen. Um 12.15 Uhr war die Welt also wieder ein bisschen normaler. Jetzt bleibt das endgültige Urteil in Sachen Ticketverkauf abzuwarten. Sollte die Konzertdirektion Schmidt gewinnen, geht es bald um mehr als nur Foyergeplänkel. HBHB