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Hamburg wird zum Problem

„Mit Grausen“ sehen vor allem die jüngeren Berliner Liberalen die Koalitionsverhandlungen ihrer hanseatischen Parteifreunde mit dem Rechtspopulisten Ronald Schill. Unklar ist, ob dadurch in Berlin Wähler verschreckt werden

Dem Nachwuchs blieb es vorbehalten, Klartext zu reden: „Der Wähler hat ein Recht zu wissen, ob wir zu unseren liberalen Prinzipien stehen oder ob wir uns für die Macht in Hamburg prostituieren“, erklärte der Berliner Landesvorsitzende der FDP-Jugendorganisation „JuLis“, Florian P. Block, schon einen Tag nach der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft. Diese hatte am 23. September eine rechnerische Mehrheit für FDP, CDU und die „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ ergeben, einem rechtspopulistischen Verein um den als „Richter Gnadenlos“ bekannten Ronald Barnabas Schill. Vom Gegensatz „Prinzipien oder Prostitution“ wollten führende Liberale in Berlin nichts wissen, von „Bauchschmerzen“ und „Bedenken“ ging jedoch die Rede.

Mittlerweile stehen die Hamburger Liberalen in förmlichen Koalitionsverhandlungen mit Schill und der Unmut ihrer Berliner Parteifreunde steigert sich zur ernsten Sorge: Kann man in Berlin glaubhaft für eine „Ampelkoalition“ werben und gleichzeitig nur 250 Kilometer entfernt ein „Rechtsbündnis“ eingehen? „Hamburg ist anders. Hamburg ist weit weg“, sagt Martin Matz, Berliner im FDP-Bundespräsidium: „Ich denke, die Wähler verstehen die unterschiedlichen Ausgangslagen.“

Andere in der Partei wünschen sich einen offeneren Umgang mit dem Thema: „Wir sollten ganz klar sagen: Uns graust es, wenn FDPler mit einem Schill verhandeln, der ‚unwirtliche Einzelzellen‘ und den Einsatz von Brechmitteln bei Verdächtigen im Programm stehen hat“, sagt Alexander Ritzmann, der als innenpolitischer Sprecher einer zukünftigen FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus gehandelt wird. Peter Schantz, stellvertretender Landesvorsitzender der JuLis, meint, das aktuelle Hamburger Problem werfe ein Licht auf prinzipielle Defizite auch in Berlin: „Unser Landesverband ist viel zu wirtschaftslastig ausgerichtet. Die Themen Inneres und Recht werden von der Partei viel zu sehr liegen gelassen“.

Schlägt sich das „Problem Hamburg“ auch in den Umfragen nieder? Das Institut Forsa ermittelte in dieser Woche erstmals einen Rückgang der FDP-Werte: Von 10 auf 7 Prozent sei die Partei bei den Berliner Wählern gefallen. Als Ursache nannten die Meinungsforscher explizit die Koalitionsverhandlungen in Hamburg. Forsa-Chef Manfred Güllner gilt als Vertrauter von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Andere Institute stellten einen vergleichbaren Rückgang nicht fest. R.A.

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