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Taliban: Mehr als 200 Tote

USA dehnen Luftangriffe auf Afghanistan aus. Kabul unter Dauerbeschuss. Das Taliban-Regime spricht von vielen Toten, britische Entwicklungshilfeministerin nennt die Angaben Propaganda

KABUL/DUSCHANBE ap/taz ■ Die USA haben nach Agenturangaben ihre Luftangriffe auf Afghanistan am sechsten Tag offenbar nochmals ausgeweitet. Dabei sollen auch Dörfer im Grenzgebiet zu Pakistan bombardiert worden sein. Wie der Taliban-Vizegouverneur der Provinz Nangarhar, Sadra Asam, berichtete, seien bei einem Angriff auf das Dorf Karam bereits am Mittwoch 200 Einwohner ums Leben gekommen. Karam liegt in einer Region, in der die Terrororganisation al-Qaida von Ussama Bin Laden Ausbildungslager unterhalten soll.

Die Informationen Asams konnten von unabhängigen Beobachtern nicht überprüft werden. Die Taliban geben die Zahl der bei den Angriffen getöteten Zivilisten mit insgesamt mehr als 300 an. Die britische Entwicklungshilfeministerin Clare Short bezeichnete die Zahlen als „Propaganda“ der Taliban. Sie berief sich dabei auf in Afghanistan tätige humanitäre Organisationen.

Kampfflugzeuge bombardierten am Freitag auch Dörfer im Süden Afghanistans. Die Explosionen waren so stark, dass die Druckwellen noch im pakistanischen Grenzort Chaman zu spüren waren. Flüchtlinge berichteten, dass die Dörfer Kalamtar und Rabat, das einen kleinen Flughafen hat, angegriffen worden seien. Die afghanische Hauptstadt Kabul wurde unterdessen unter Dauerbeschuss genommen. Am Freitagmorgen gab es zwei neue Angriffswellen, die sich auf Ziele im Norden und Osten Kabuls konzentrierten. In schneller Folge warfen die Kampfjets Bomben ab. Die Erde bebte, Fenster gingen zu Bruch, ein Feuerball erleuchtete den Nachthimmel über Kabul. Auch die Taliban-Hochburg Kandahar lag unter schwerem Beschuss. Dort soll ein Munitionsdepot getroffen worden sein.

Die gegen das Taliban-Regime kämpfende Nordallianz hat nach eigenen Angaben strategisch wichtige Positionen im Westen Afghanistans eingenommen. Damit würden wichtige Versorgungslinien der Taliban blockiert, sagte ein Vertreter der afghanischen Botschaft in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe. Heftige Gefechte um die nordafghanische Stadt Masar-e-Scharif dauerten an.

Die Botschaft in Duschanbe vertritt die Exilregierung des von den Taliban gestürzten Präsidenten Burhanuddin Rabbani. Ein Botschaftssekretär sagte, die Nordallianz mit rund 15.000 Kämpfern sei beunruhigt über die auf etwa 40.000 steigende Zahl von Taliban-Kämpfern in den Städten Kundus und Talogan. Die Opposition versuche, die zahlenmäßige Überlegenheit der Taliban zu kompensieren, indem Hauptversorgungsrouten abgeschnitten würden.

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