: Ist Bin Laden schwul?
Das unglaubliche Doppelleben des zärtlichsten Höhlenbewohners Afghanistans
An das verräterische Rascheln im Gras kann sich Ramzi Ramallah noch erinnern, als sei es gestern gewesen. „Es war in einer ziemlich kalten Frühlingsnacht im letzten Jahr. Gegen drei Uhr hörte ich das ungewöhnliche Geräusch“, erzählt der 20-jährige Afghane. „Ich knipste meine Taschenlampe an und hielt sie in die rechte Ecke des Zelts, in der unser Führer lag. Dass auf dem tragbaren Fernseher noch CNN ohne Ton lief, wunderte mich nicht, schließlich brauchte er das, um einschlafen zu können. Was sich daneben abspielte, konnte ich allerdings nicht glauben, ich dachte, es sei alles nur ein schrecklicher Alptraum: Zwei Männer schmiegten sich ganz eng aneinander.“ Und einer von ihnen war kein Geringerer als der mutmaßliche Zölibatiker Ussama Bin Laden, den Ramzi Ramallah bis dahin als „Führer“ verehrt hatte.
Schockiert darüber, dass sich da ein männliches Geschöpf am Kuschelrock des gefürchteten Steinzeitmenschen wärmte, desertierte der brave Terrorist aus dessen Privatarmee. Jetzt ist Ramallah einer der zahlreichen Zeugen, die zu Wort kommen in dem Buch „Der scheinheilige Krieger. Das Doppelleben Ussama Bin Ladens“, das der Axel Fist Verlag während der Buchmesse in Frankfurt vorstellte. Wer das wissenschaftliche Werk, das in der kommenden Woche erscheinen soll, verfasst hat, hält der Verlag derzeit noch geheim. Der Autor befinde sich „an einem sicheren Ort, den er auch ohne Flugzeug verlassen kann“, erläuterte ein Sprecher.
Weil Mohammed Hassa, der Stabschef der Taliban-Armee, Homosexuellen in Aussicht gestellt hat, „lebendig am Fuß einer Mauer begraben“ zu werden, „die dann mit Bulldozern oder Panzern zum Einsturz gebracht wird“, sind Ussama Bin Ladens Gegner derzeit bemüht, die vorab veröffentlichten Passagen unter radikalen Muslimen verbreiten zu lassen. Zumal das Buch den „Blick auf Bin Laden tiefgreifend verändern“ werde, wie Verlagschef Axel Fist ankündigte. Er lobte seinen Autor dafür, „mit unglaublicher Akribie“ Material über das bisher unbekante Sexualleben des Massenmörders zusammengetragen zu haben.
Was geht da ab in den Höhlen Afghanistans, im Schutze der mächtigen Felsen? Trägt der Mann, „der so sanft aussieht und doch so stark ist“ (FAZ) heimlich Rosa? – das sind Fragen, die sich nach der Lektüre aufdrängen. Tatsache ist: Ussama Bin Laden hat keine Doris an seiner Seite. Nicht einmal eine Scheinehe ist er eingegangen. „Meine Braut ist al-Qaida“, sagt er, offensichtlich in Anspielung auf einen berüchtigten Oberlippenbartträger, der einmal gesagt hatte, seine Braut sei „Deutschland“.
„Wir wissen ja, dass er keine Beziehungen zu Frauen hat, aber das heißt doch nicht, dass er homosexuell ist“, sagt ein renommierter Islamismusforscher, der seinen Namen „mit dieser delikaten Angelegenheit“ allerdings nicht in Verbindung gebracht sehen möchte. Keine Beziehungen zu Frauen? Geschäftlich verkehrt Bin Laden durchaus mit ihnen, falls man es denn so umschreiben möchte, dass er die Prostitution bosnischer Frauen in Frankreich und Belgien kontrolliert, wie sein französischer Biograf recherchiert hat. Hasst der „vermögende Kapitalist“ (Frankfurter Rundschau) die Frauen derart, dass er sie auf den Strich schickt?
In einem anderen Licht muss nach den neuesten Forschungsergebnissen möglicherweise nun auch die berühmte Terror-WG in Hamburg-Harburg gesehen werden. Wie schliefen die Schläfer? Wie viel Schlafzimmer gab es in der Dreizimmerwohnung? Und was mag ein ehemaliger Kommilitone Mohammed Atta gemeint haben, als er über den Todespiloten sagte: „Er war so weich“? Dass für Atta selbst nur Männer zählten, hatte dieser in seinem Testament deutlich gemacht: „Frauen sollen weder bei der Beerdigung zugegen sein noch irgendwann später sich an meinem Grab einfinden.“
Der Axel Fist Verlag hat auf der Buchmesse bereits weitere Studien über die „homoerotischen Facetten im Dasein großer Böser“ angekündigt. Gerüchte, dass bald entsprechende Abhandlungen über Slobodan Milošević und Christoph Daum in den Läden liegen, wollte ein Verlagssprecher „weder bestätigen noch dementieren“. Unterdessen warnte Volker Beck von den Grünen, vor einer Diskriminierung von Homosexuellen. „Bin Ladens Homosexualität hat nichts mit seinen Verbrechen zu tun,“ sagte Beck, „die Grünen sind für die Einführung der Homoehe weltweit, auch in Afghanistan.“
RENÈ MARTENS
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