: Gewaltiges gegen Staatsgewalt
Benefiz für die Kriminalisierten von Genua: Veranstaltungs- und Konzertreihe in der Roten Flora ■ Von Anne Otto
Die seit Anfang des Monats an unterrichteten Stellen und Stellwänden angekündigten Genua-Benefizkonzerte haben sich mittlerweile geradewegs zu Festwochen ausgeweitet: Eine Veranstaltungsreihe der Roten Flora über mehr als acht Tage ist daraus geworden. Das Benefizkonzert als Instrument von Solidarität und Protest, diese recht plakativen Begriffe seien hier mit Absicht verwendet, bekommt wieder ein klareres Gesicht. Denn Angesichts des Ausmaßes an Gewalt gegenüber Demonstranten beim G8-Gipfel in Genua sind klassische, bewährte Arten des Protestes vielleicht nicht offen wirksamer, aber doch passend und symbolisch. Denn auch die Gewalt in Genua war ja eines der Ereignisse in diesem Jahr, nach dem sich vieles geändert hat.
Und ändern wird. Auch für einige Globalisierungsgegner, die sich vor Ort mit Repression und Haft auseinandersetzen mussten, hat sich – nicht nur – durch horrende Verfahrens- und Gerichtskosten einiges verändert. Den so Getroffenen kommt der Erlös aus den FloraVeranstaltungen zugute. Da geht es natürlich nicht nur darum, Beistand und Hilfe zu geben, sondern auch darum, sich gegen die Kriminalisierung von Menschen zu stellen, die sich gegen Globalisierung stark machen. So hat das Genua-Flora-Plenum die Reihe auch als Ausdruck von Protest organisiert. Schließlich wissen die Veranstalter, wovon sie sprechen, wenn es um die Erfahrung absurder Kriminalisierungen geht. Also haben wir hier eine passende Maßnahme am passenden Ort zur passenden Zeit. Während der Veranstaltungsreihe wird es auch die Möglichkeit zum Austausch geben: am 29.10. auf einem Diskussionsabend mit Uli Brandt von BUKO und dem Genua-Flora-Plenum, bei der es um „Postgenua, Vor... – Einschätzungen und Auswirkungen der Eskalationen“ gehen wird. Aber jetzt mal von vorne.
Den Auftakt zur Veranstaltungsreihe bildet heute Musik von Brezel&Cactus, wobei es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Stereo Total-Musik aus Berlin handelt. Am selben Abend folgt Bernadette la Hengst – noch „Ex-Braut-haut-ins-Auge“ oder vielleicht längst „die bekannte Hamburger Musikerin und Produzentin“? Morgen geht es weiter mit Filmen. Gezeigt wird Planet der Affen. Die Ankündigung verspricht gar eine lange Filmnacht: mit den Originalen des belanglosen Remakes und großem Bankett. Hier also passende Filme zur passenden Zeit.
Dann geht es, nach einer kurzen Umbaupause, am Mittwoch mit der Hamburger Band Kettcar weiter. Dann ist auch Oma Hans dabei, von denen gemunkelt wird, dass sich dahinter ein Cocktail aus Musikern von Dackelblut (sagen wir mal: Punk) und Cow (sagen wir mal: Country) verbirgt. Achtung: Nicht an diesem Abend werden Tomte auftreten, die in ganz frühen Verlautbarungen noch angekündigt wurden. Wir sollten prüfen, ob sich all diese Bands wirklich unter dem Namen „neue Zerrissenheit“ subsumieren lassen, wie die Zeitschrift Intro es empfiehlt.
Kommenden Donnerstag spielen dann Sport, und wer ihre CD-release-Party verpasst hat, kann die schlammigsten aller Hamburger Gitarrenbands mit Stücken von ihrer Platte These Rooms Are Made For Waiting doch noch hören. Es wird aber in diesen Räumen nicht nur gewartet, sondern auch gehandelt. Es folgen nämlich TGV und Lovehandels. So bewegen sich auch an diesem Tag viele Hamburger Musiker für die gute Sache in verschiedenen Konstellationen auf die Bühne der Flora.
Noch hingewiesen sei auf einen letzten Termin in der Reihe. Am 9.11. wird ein Metal-Cover-Abend stattfinden. Mit Hans-Martin-Slayer, Raumschiff Antichrist und einem Metal DJ ist es nicht genug. Es sollen auch noch, ahem, Kultfilme wie Spinal Tap und Trash Altenessen gezeigt werden. Toll! Wenn sich die Zeiten ändern, dann werden eben auch Benefizveranstaltungen wieder gewaltiger.
Brezel&Cactus, Bernardette la Hengst: heute, 21 Uhr; Lange Planet der Affen-Nacht: morgen, ab 20 Uhr; Kettcar + Oma Hans: 24.10., 21 Uhr; TGV, Sport, Lovehandels: 25.10., 21 Uhr; Diskussion „Postgenua“: 29.10., 20 Uhr; Metal-Cover-Abend: 9.11., 21 Uhr, alle Rote Flora
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