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Merkel und Meyer setzen sich von den Wahlverlierern ab

Die CDU-Vorsitzende und ihr General schieben die Schuld für die Niederlage auf den Berliner Landesverband, der im Vorfeld alle Ratschläge aus dem Adenauerhaus ignoriert hatte

BERLIN taz ■ Dass die vormalige 40-Prozent-Partei CDU diesmal die 30-Prozent-Marke verfehlen würde, damit hatte man in der Bundespartei im Stillen schon gerechnet. Dass es dann nicht einmal für 25 Prozent reichte, kam als Schock. Weit schneller und deutlicher als sonst an Wahlabenden ging die Bundesspitze der Partei denn auch auf Distanz zu ihrem maroden Landesverband. „Ich glaube, dass wir Landes- und Bundespolitik hier ganz klar auseinander halten müssen“, erklärte Parteichefin Angela Merkel um zwanzig vor sieben.

Generalsekretär Laurenz Meyer ging sogar so weit, die Niederlage seinen Berliner Kollegen als Versagen anzulasten. Merkels Warnung vom Sommer sei richtig gewesen, dass nach dem Bruch der großen Koalition nur rasche Neuwahlen einen Amtsbonus für Klaus Wowereit und seine SPD verhindert hätten. „Auch ich war schon damals der Überzeugung, dass es nach der Ablösung von Herrn Diepgen am Besten gewesen wäre, ganz schnell zu wählen“, sagte Meyer am Abend im Berliner Konrad-Adenauer-Haus. Die Berliner CDU hatte dagegen auf den späten Wahltermin 21. Oktober gedrungen.

Auch bei der Kandidatenkür streut das Team um Merkel bereits, mit ihrem Favoriten Wolfgang Schäuble hätten Wahlkampf und Ergebnis besser ausgesehen. Die Voraussetzung sei, so ein Merkel-Mitarbeiter, dass Schäuble den Landesverband hinter sich gehabt hätte. Doch bereits die Kür eines Spitzenkandidaten Schäuble war am Lokalpatriotismus der Berliner CDU gescheitert. „Die Bundespartei wird nie die Gelegenheit haben, in unserer Parteistruktur Spitzenkandidaten durchzusetzen“, räumte Meyer resigniert ein.

Merkels und Meyers ungewöhnlich offene Schuldzuweisung hat einen einfachen Grund: Die beiden fürchten, dass es nach dem miserablen Ergebnis von Berlin um Merkels Chancen auf die Kandidatur 2002 endgültig geschehen sein könnte. Meyer betonte denn auch: „Die Kanzlerkandidatenfrage hat bei dieser Wahl überhaupt keine Rolle gespielt.“ Trotzdem sei die Diskussion um eine Konkurrenz zwischen Merkel und dem CSU-Chef Edmund Stoiber für die Union insgesamt schädlich. „Jeder, der nicht den Erfolg von CDU und CSU gemeinsam im Blick hat, schadet der gemeinsamen Sache“, sagte Merkels General. „Diese Leute sollen doch endlich aufhören, durcheinanderzuquatschen.“

Unterschiedliche Einschätzungen gab es zu Steffels künftiger Rolle als möglichem Oppositionsführer in Berlin. Der Berliner Bundesabgeordnete und Ex-Minister Rupert Scholz nannte den Wahlverlierer „eine große Hoffnung der Berliner CDU“. Meyer sagte zu dieser Frage nur: „Die CDU hat dazu auf Bundesebene eine Meinung, und wir werden diese Meinung schon einbringen.“ PATRIK SCHWARZ

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