: Warteschlangen garantiert
■ Das 8. Queerfilm Festival beginnt heute im Kino 46 / Erstmals mit Publikumspreis
Ab heute Abend wird es wieder voll im Waller Medienzentrum. Kein anderer Event und keine Filmreihe hat solch einen ZuschauerInnenzuspruch wie das alljährliche Queerfilm-Festival. Dabei wird heute Abend beim „langen Eröffnungs-Kurzfilmabend“ für die schwulen und die lesbischen Geschmäcker etwas geboten. Von den sechs Kurzfilmen sind jeweils drei eher für das männliche, drei für das weibliche Publikum. Auch sonst ist das Programm wie immer schön paritätisch für die beiden Zielgruppen aufgeteilt. Erfahrungsgemäß gibt es wenige „Querläufer“, und ebenso erfahrungsgemäß sind die Schwulen eher an „hedonistischen“, körperkult- und spaßbezogenen Filmen interessiert, während die Lesben sich auch mit schwierigeren, experimentalistischen Dokumentarfilmen locken lassen. Das berichten die Mitorganisatoren Olaf Hendecker und Biggi Bennert, und die weist auch darauf hin, dass frau nicht gerne nach 22.30 Uhr ins Kino geht, weil sie danach eventuell nachts alleine in Walle auf der Straße steht.
Pro Jahr werden etwa 100 schwul/lesbische Filme weltweit produziert, davon „in Europa eine Hand voll“ (Hendecker). Und unter diesen wählt das sechsköpfige Bremer OrganisatorInnenteam seine Favoriten aus. Eine Vorauswahl wird jeweils auf der Berlinale im Frühjahr getroffen, alleine sieben der zehn Filme im aktuellen Programm wurden dort bereits gezeigt.
Ein „melodramatischer Thriller über Freundschaft, Liebe und Verrat“ ist „Fremde Freundin“ (Mi. 18.30 Uhr), den die Norwegerin Anne Hoegh im kalten, grauen Berlin drehte. „Edge of Seventeen“ (Mi. 20.30 Uhr) ist eine von den bei Schwulen so beliebte „Coming-Out-Story“, angesiedelt unter jungen Männern in der US-amerikanischen Provinz. „Living with Pride“ (Do. 18.30 Uhr) ist eine Dokumentation über die 100 Jahre alte Ruth Ellis, eine lesbische Afroamerikanerin, die ein bewegtes Leben voller Rassismus, Ausgrenzung, Widerstand und Liebe bewältigt hat. „Love/Juice“ (Do. 20.30, Sa. 18.30) könnte vom Filmischen her der interessanteste Film dieses Festivals sein: Der Low-Budgetfilm beschreibt in kühlen, ungeschönten Einstellungen, wie zwei junge japanische Frauen auf engstem Raum miteinander leben, ohne dass ihr Verhältnis zueinander auch nur im Mindesten geklärt ist. Die eine begehrt die andere, diese will aber nur mit einer „guten Freundin“ zusammenleben und wehrt alle sexuellen Annäherungen ab.
„Trembling Before G-d“ (Fr. 18.30) ist ein Dokumentarfilm, in dem schwule orthodoxe Juden, denen homosexuelle Handlungen unter Todesstrafe (!) verboten sind, mit versteckter Kamera in Jerusalem, New York und London beobachtet und interviewt wurden. „Le fate ignoranti“ (Fr. 20.30 Uhr, Sa. 22.30 Uhr) erzählt, wie schon der erste sehr erfolgreiche Film seines Regisseurs Ferzan Ozpetek „Hamam – Das türkische Bad“ eine Dreiecksgeschichte, in der eine Ehefrau nach langer Recherche herausfindet, dass ihr Mann keine Geliebte, sondern einen Geliebten hat. „The Fluffer“ (Fr. 22.30 Uhr) ist ein Spielfilm, der einen Einblick in die Praktiken der US-amerikanischen schwulen Pornoindustrie gewährt, der Spielfilm „Chutney Popcorn“ (Sa. 20.30, So. 18.30) erzählt von der Lesbe Reena, die in den USA ihren Lebenstil gegen ihre indische Familie durchsetzen muss. In „Southern Comfort“ (So, 20.30) schließlich begleitet die Filmemacherin Kate Davis die letzten Lebensjahre des Transsexuellen Robert, der als Frau geboren sich zum Mann umformte und durch eine böse Ironie des Schicksal ausgerechnet an Gebärmutterkrebs starb.
Am Samstagabend wird ab 22 Uhr eine Party unter dem Titel „a queer odyssey“ gefeiert, und nach dem letzten Film am Sonntag wird erstmals ein Publikumspreis verliehen. Für den wird übrigens noch ein möglichst campiger Namen gesucht, wie wär's mit „Pink Roland“?
Wilfried Hippen
Informationen in der Kinotaz und unter www.queerfilm.de . Die taz verlost für den Eröffnungsabend 3 mal 2 Karten. Bitte heute um 11 Uhr anrufen unter 321 353.
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