: Hooks Gotteslob
Seit dem achten Jahrhundert unterstützt die Orgel den christlichen Gottesdienst. Missionare exportierten gemeinsam mit ihrem Glauben das Kircheninventar aus Europa bis auf die karibischen Inseln. Der Preis einer konzertfähigen Orgel ist mittlerweile sechsstellig. Einmal errichtet, fressen selbst die Wartungskosten bedrohliche Löcher ins Budget.
In den USA wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts tausende von Orgeln gebaut. Hunderte Orgelbaufirmen betrieben einen geradezu industriellen Orgelbau. Elias Hook ging 1822 bei dem Bostoner Orgelbauer William Goodrich in die Lehre, wenige Jahre später auch sein Bruder George Greenleaf Hook. Die beiden Tischlersöhne zeigten sich talentiert, George fertigte bereits nach 1827 eine Hausorgel, Elias schlug sich mit einem Musikalienhandel durch. 1829 gründeten beide in ihrem Geburtsort Salem die Firma E & G. G. Hook und bauten binnen fünf Jahren knapp zwanzig Instrumente, darunter jährlich eine Kirchenorgel.
1832 zog die schwunghafte Fabrikation nach Boston. Mit steigender Reputation füllte sich auch das Auftragsbuch, ihre erste Orgel mit drei Manualen bauten sie in der First Baptist Church in Providence, Rhode Island. In den 1850er-Jahren hatten die Hooks im Wettstreit der Bostoner Orgelbauer die Pole Position eingenommen. Die Konkurrenz entließ Personal oder zog in andere Städte um. 1854 errichteten die Gebrüder Hook im wiedererrichteten Tremont Temple ihre erste viermanualige Orgel, um 1872 produzierten sie rund fünfzig Instrumente pro Jahr.
Mit rund sechzig Jahren schon betagt, nahmen die Gebrüder den jungen Orgelbauer Frank Hastings als Teilhaber der neuen Firma Hook & Hastings auf, um ihre Nachfolge zu sichern. Hastings soll erstmals Orgeln auf Vorrat gebaut haben, um sie per Katalog zu vermarkten. Im Todesjahr von George Hook, 1880, wurde ihr tausendstes Werk verkauft. Ein Jahr später starb auch Elias. 1883 kulminierte der Firmen-Output bei sensationellen siebzig Instrumenten. Der gute Ruf der Hooks blieb trotz solcher Massenfertigung bei Organisten und Gemeinden unverändert. Ab 1890 produzierten sie in einer neuen Fabrik in der Bostoner Vorstadt Weston, auf einem Grundstück mit Gleisanschluss.
Hastings starb 1916. In dieser Zeit verlagerte sich das Zentrum des amerikanischen Orgelbaus vom Nordwesten weg. Hook & Hastings baute jährlich noch etwa zwanzig Instrumente. Das Management wechselte noch mehrmals an Verwandte oder Mitarbeiter. Der Börsencrash von 1929 ließ auch den Haus- und Theaterorgelmarkt einbrechen, das Aufkommen des Tonfilms besorgte den Rest. Hook & Hastings’ letzte Orgel aus dem Jahr 1935 trug die Nummer 2.614. 1936 wurde das Unternehmen aufgelöst. TILMAN STEFFEN
Informationen zur Berliner Hookorgel unter www.hook-orgel.de
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