: Dünne Luft macht leichten Kopf
Warm und knusprig: Zero 7 gelten als die „britischen Air“. Heute spielt das Duo mit einer neunköpfigen Band im Maria
Eigentlich hatten sich die beiden studierten Toningenieure auf ein ganz anders Leben eingestellt. Lieber wollten sie hinter den Kulissen werkeln als auf der Bühne oder an DJ-Pults zu stehen. Doch dann kam für Sam Hardaker und Henry Binns von Zero 7 alles ganz anders. Ihr College-Kumpel Nigel Godrich – seines Zeichens Produzent von Radioheads „OK Computer“ – ließ die beiden aus Jux und Dollerei ein Stück von Radiohead remixen, und wie das so geht, fiel dieser Remix dem Talking-Loud-Labelchef und DJ Gilles Peterson in die Hände. Der war ganz aus dem Häuschen vor Begeisterung und verschaffte den beiden sofort einen weiteren Auftrag: die Bearbeitung von Terry Calliers „Love Theme from Spartacus“.
Und so ging es weiter. Nur logisch, dass irgendwann ein Albumvertrag winkte und die Möglichkeit, eine eigene Platte einzuspielen: „Simple Things“ heißt folgerichtig das erste Album von Zero 7, ein tatsächlich großartiges Album, dem man sofort anmerkt, dass Hardaker und Bins ein sehr sicheres Händchen nicht nur für Sounds haben, sondern auch richtig gute und große Gefühle in diese reinpacken können.
Sie lassen einem dabei das Herz in lauen Sommernächten genauso aufgehen, wie sie es vermögen, an düsteren Herbstabenden Trost zu spenden – ihre Musik ist gleichzeitig warm und luftig, weich und knusprig, melancholisch und aufmunternd. Wiegenlieder mit Pop-Appeal könnte man das nennen. „Simple Things“ ist ein Album, das musikalische Puristen ebenso beeindruckt, wie es auch im Mainstream andocken kann. Da funktioniert es ähnlich wie die ersten Werke von Massive Attack oder Air.
Mit Letzteren werden sie auch gern mal in einen Topf geworfen – die „britischen Air“, so werden Zero 7 immer wieder genannt, gelabelt und verkauft. Ein Kompliment, das schnell auch zum Fluch wurde – nicht zuletzt, weil da gleich der Vorwurf dahinter steckt, eben doch ein paar Jahre zu spät dran zu sein. Richtig stimmig ist dieser Vergleich dann aber auch nicht. Von Ironie keine Spur bei Zero 7, und von dem Bombast, den Air neuerdings zelebrieren, schon gar nicht. Wenn schon Air, dann in einer Hochgebirgsversion: Die Luft flirrt und wird ganz dünn und der Kopf fühlt sich dementsprechend leicht an. Zero 7 machen wunderschöne, glücksversprechende Popmusik.
Live werden übrigens insgesamt elf Musiker auf der Bühne stehen. Bestimmt bombastfrei und mit einer Garantie auf hemmungslose Schwelgereien.
STEPHANIE GRIMM
Heute ab 21 Uhr im Maria am Ostbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8–10, Friedrichshain
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