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Mit Sicherheit unter Verdacht

Rot-Grün einigt sich auf Anti-Terror-Paket. Angehörige zahlreicher Berufe müssen sich einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Gekippt wird das Initiativ-Ermittlungsrecht des BKA

BERLIN taz ■ Als einen großen Erfolg haben rote wie grüne Unterhändler gestern das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen über das „Sicherheitspaket II“ bezeichnet. Nach 30 Stunden Verhandlungen über drei Tage hinweg hatten sich die Teilnehmer bis Samstagabend darauf geeinigt, das als „Anti-Terror-Paket“ des Bundesinnenministers Otto Schily (SPD) bekannt gewordene Maßnahmenbündel in einer entschärften Form am 7. November ins Kabinett zu reichen.

Aus dem Paket gekippt ist das Recht des Bundeskriminalamtes, ohne Anfangsverdacht zu ermitteln. „Es wird keinen deutschen FBI geben“, sagte der Grüne Rechtspolitiker Volker Beck gestern. Um Ausländern den Aufenthalt zu verweigern, muss nun doch mehr als ein bloßer Verdacht auf Terrorismus vorliegen. In den Personalausweis sollen nicht unbedingt Fingerabdrücke, sondern andere biometrische Merkmale aufgenommen werden. Angestellte von sicherheitsrelevanten Einrichtungen wie Krankenhäusern, Flughäfen, Rundfunkanstalten oder Energieerzeugern sollen einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Eine Reihe der Maßnahmen wird zeitlich begrenzt.

Der SPD-Fraktionsvize und -Unterhändler Ludwig Stiegler nannte das Paket eine „starke Antwort auf die neuen Herausforderungen“, die seit den Terroranschlägen vom 11. September bestünden. Die Erhöhung der Sicherheit sei nunmehr gewährleistet, „ohne dass dies auf Kosten von Freiheit und Grundrechten geht“, sagte die grüne Parteichefin Claudia Roth. Sie erklärte, die Abmilderung zentraler Punkte sei auch auf den lautstarken Protest der Juristen- und Bürgerrechtsverbände zurückzuführen, die in der vergangenen Woche vor allem gegen die Ausweitung der Kompetenzen des BKA Sturm gelaufen waren.

Keine „klaren Ergebnisse“ konnte dagegen FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt erkennen. Er sprach von einem „großen Flop“. Die CSU hatte zuvor betont, dass sie die Ideengeberin bei vielen von Schilys Maßnahmen sei. Der CSU-Landesgruppenführer im Bundestag, Michael Glos, sagte, nur weil die Vorschläge jetzt von Schily kämen, „sind sie ja noch nicht falsch“. Seitens der CDU kam mehr Kritik: Der hessische Ministerpräsident Roland Koch warf der Koalition vor, es gehe ihr vor allem um „rhetorische Positionen“. Schily und andere Sozialdemokraten wollten bloß einem „gewandelten Meinungsklima“ entsprechen. ULRIKE WINKELMANN

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