: Schily zieht Union die Zähne
CDU und CSU fällt zum Sicherheitspaket II nichts ein. Die Überprüfung von Wasserwerkern und Radiotechnikern soll sich nur auf Menschen beziehen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten
BERLIN taz ■ Auf einen „schlimmen Kuhhandel“ habe Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sich eingelassen, warf CSU-Chef Edmund Stoiber ihm gestern vor. Es sei „fatal“, dass die Grünen sich in der Koalitionsabsprache über Schilys „Sicherheitspaket II“ in wesentlichen Punkten durchgesetzt hätten.
Schon zuvor hatte Stoiber das Gesetzespaket zur Erhöhung der inneren Sicherheit als „bei weitem nicht ausreichend“ bezeichnet. Eine Begründung blieb er allerdings schuldig. Aus den Reihen der Opposition war gestern kaum ein Argument zu vernehmen, das sich konkret auf das am Samstagabend bekannt gewordene Maßnahmenbündel bezogen hätte. CDU-Chefin Angela Merkel forderte ein Bundesamt für Sicherheit, weil die bestehende Behördenstruktur zu unübersichtlich sei, ohne dies zu präzisieren.
FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper sagte, es sei nicht klar, woher das zusätzliche Personal für Polizei und Geheimdienste rekrutiert werden solle.
Zu Fragen der Finanzierung und Umsetzung des Pakets, erklärte Grünen-Parteichefin Claudia Roth gestern, werde selbstredend noch verhandelt. Der Bundesvorstand der Grünen billigte das Anti-Terror-Paket gestern. Volker Beck, grüner Rechtspolitiker und Verhandler, war über die Reaktionen der anderen Parteien gestern hochzufrieden. „Die Opposition ist offensichtlich erschüttert darüber, wie effizient wir gearbeitet haben“, sagte er der taz.
Weit gehende Unklarheit herrschte über die geplante Überprüfung von Angestellten in „sicherheitsrelevanten Einrichtungen“. Geplant ist offenbar, Mitarbeiter von Wasserwerken, Elektrizitätswerken und Rundfunkanstalten vom Verfassungsschutz überprüfen zu lassen, nicht jedoch, wie zunächst vermutet, von Krankenhäusern. So geschieht es jetzt bereits im Luftverkehr beim Personal „hinter der Schleuse“, das die Möglichkeit hätte, Gefahrenmaterial an Bord zu schmuggeln. Beck sagte der taz: „Eine Überprüfung wird es nur von solchen Angestellten geben, die zum Beispiel im Rundfunk die technische Möglichkeit haben, die Sendefähigkeit zu beeinträchtigen.“ In Wasserwerken etwa sollten solche Mitarbeiter geprüft werden, die jenseits der letzten Wasserqualitätskontrolle noch Gift in die Leitungen kippen könnten.
Beck erklärte: „Der Unternehmer kriegt die Akte nicht.“ Die liege dann bei der „öffentlichen Stelle“, der Arbeitgeber bekomme nur das Resultat zu hören. Grünen-Chefin Roth versicherte, Mitarbeiter der Rundfunkredaktionen seien nicht betroffen.
Auch Datenschützer meldeten gestern Bedenken an. Thilo Weichert, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Datenschutz, sagte zur taz: „Schily hat wahnsinnig viel gefordert und viel zu viel bekommen.“ Er zweifle, dass die derzeitige Fassung verfassungsrechtlich gedeckt sei; näheres könne man erst sagen, wenn die Gesetzesänderungen vorliegen. „Aber ich hoffe, dass im Gang der Gesetzgebung dem Paket noch weitere Zähne gezogen werden“, sagte Weichert.
Das Anti-Terror-Paket geht am 7. November ins Kabinett und dann in den Bundestag. UWI
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