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Händeringend Händeschütteln

Wie ist das, wenn man sich nicht mag, aber zusammen regieren muss. Beispiele aus dem grünen Chemieunterricht

Sie mögen sich nicht. Wann immer Sibyll Klotz und Günter Rexrodt im Wahlkampf aufeinander trafen, flogen die Fetzen. Die Grüne nannte den FDP-Mann eine „Superexe: Exsenator, Exminister,Extreuhand“. Rexrodt wiederum bescheinigte Klotz, sie sei „aggressiv und wenig absprachefähig“. Solche Fetzen könnten demnächst auch im Senat fliegen, zum Beispiel mit Sibyll Klotz als Arbeitssenatorin und Rexrodt als Wirtschaftssenator.

Die Chemie, heißt es, sei in vielerlei Hinsicht für ein rot-gelb-grünes Bündnis entscheidend. An der Chemie ließ sich schließlich in der Vergangenheit schon verzweifeln. Zum Beispiel bei Peter Strieder und Jürgen Klemann. Nichts ging zwischen dem SPD-Stadtentwicklungs- und CDU-Verkehrssenator zwischen 1995 und 1998. Gleiches galt für Michaele Schreyer und Walter Momper beim ersten rot-grünen Bündnis. Mehrfach sollen bei Senatssitzungen Tränen geflossen sein.

„Solche Auseinandersetzungen sind immer drin“, meint die grüne Abgeordnete Barbara Oesterheld. „Jeder hat Profilierungsinteressen für sein Ressort. Da kann die Stimmung sehr ätzend sein.“ Doch muss ein Bündnis derer, die sich nicht mögen, gleich zum Scheitern verurteilt sein? Oesterheld, nicht gerade eine Befürworterin einer Ampelkoalition, ist skeptisch. „Man ist auch zum Erfolg verdammt. Da steigt man nicht gleich bei jedem Scheiß aus.“

Sybille Volkholz kennt die Auseinandersetzungen zwischen der grünen Umweltsenatorin Schreyer und dem Regierenden Bürgermeister Momper noch aus eigener Anschauung – als Schulsenatorin im ersten rot-grünen Senat. „Das ist viel zu sehr überschätzt worden“, sagt sie heute. „Das war weniger mangelnde Chemie als vielmehr fehlendes Konfliktmanagement.“ Volkholz, eine Ampelbefürworterin, glaubt auch, dass sich Grüne und FDP gut verstehen werden. „In einigen Punkten gibt es bei uns auch mehr Gemeinsamkeiten als mit der SPD.“

Ob das reicht? Immerhin: Man gibt sich Mühe. Bei den Sondierungsgesprächen sind sich Klotz und Rexrodt, die „Aggressive“ und die „Super-Exe“ nicht nur politisch näher gekommen, sondern auch menschlich: Sie haben sich die Hand geschüttelt.

UWE RADA

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