: Kein Abschiebeschutz für den „Kalifen von Köln“
Eine Ausweisung der Anhänger des Metin Kaplan ist erst nach neuem Recht möglich. Auch Asylanspruch kann die Abschiebung dann nicht verhindern
BERLIN taz ■ Metin Kaplan kann schon nach bestehendem Ausländerrecht ausgewiesen werden. Im Fall seiner Anhänger muss allerdings das Sicherheitspaket II von Bundesinnenminister Otto Schily umgesetzt werden. Rechtliche Probleme stellen sich vor allem, wenn die fraglichen Personen als Flüchtlinge anerkannt sind, in der Türkei von Folter und Todesstrafe bedroht werden oder die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
Das Ausländergesetz erlaubt schon heute, den rechtmäßigen Aufenthalt von Ausländern zu beenden, wenn sie bestimmte Straftaten begangen haben. So ist die Ausweisung des Kölner „Kalifen“ Metin Kaplan möglich, weil er zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt wurde. Metin Kaplan verbüßt derzeit eine vierjährige Haftstrafe wegen Aufruf zum Mord an einem internen Widersacher.
Im Fall seiner mehr als tausend Anhänger fehlen jedoch solche gerichtlichen Strafurteile. Hier müsste auf Schilys Sicherheitspaket gewartet werden. Danach wären auch Ausländer auszuweisen, die zu gewaltbereiten Gruppen gehören oder terroristische Vereinigungen unterstützen. Dies könnte im Falle des Kalifatstaats zutreffen. Den Ausländern müsste aber im Einzelfall die Mitgliedschaft im Kalifatstaat nachgewiesen werden. Ein bloßer Verdacht, wie in Otto Schilys Vorentwurf für das Sicherheitspaket vorgesehen, würde nicht ausreichen (siehe Interview).
Dass Kaplan seit 1992 als Asylberechtigter anerkannt ist, behindert die Ausweisung nicht. Das Ausländergesetz durchbricht diesen Schutz vielmehr, wenn eine „schwerwiegende“ Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht. Diese wird bei einer Verurteilung zu mehr als drei Jahren Haft angenommen. Dass das Asylbundesamt auf Anregung von Innenminister Schily jetzt auch noch Kaplans Asylberechtigung überprüft, ist in diesem Fall eigentlich unnötig und von eher symbolischer Bedeutung.
Vermutlich werden auch unter Kaplans Anhängern einige Flüchtlinge sein, die nach dem alten Asylrecht oder der Genfer Flüchtlingskonvention schutzberechtigt sind. Hier fehlt wiederum eine strafrechtliche Verurteilung, um diesen Schutz zu durchbrechen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügte bisher aber auch die Funktionärstätigkeit für eine gewaltbereite Organisation (wie etwa die PKK), um anerkannte Flüchtlinge auszuweisen. In Schilys Paket ist jedoch auch diese Hürde herabgesetzt: Es genügt künftig die Mitgliedschaft oder die bloße Unterstützung einer solchen Organisation. In Schilys ursprünglichem Entwurf sollte auch hier sogar der bloße Verdacht ausreichen.
Haupthürde im Fall Kaplan ist, dass ihm in der Türkei ein Prozess wegen Hochverrats droht, worauf zumindest im Moment noch die Todesstrafe steht. Zwar wird in Ankara zurzeit über eine Teilabschaffung der Todesstrafe diskutiert, die Bundesregierung will jedoch auf Nummer sicher gehen und sich vom türkischen Botschafter „völkerrechtlich verbindlich“ zusichern lassen, dass Kaplan am Leben bleibt. Sollten sich im Falle einzelner Anhänger ähnliche Gefahren ergeben, müsste die Türkei in jedem Einzelfall entsprechende Garantien geben, sagte Schilys Sprecher Rainer Lingenthal gestern zur taz.
Soweit Kaplans Anhänger inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, können sie natürlich nicht ausgewiesen werden. Das Ausländergesetz gilt – wie der Name schon sagt – nur für Ausländer. Ob eine Einbürgerung rückgängig gemacht werden kann, ist verfassungsrechtlich umstritten. CHRISTIAN RATH
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