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KRIEGSKRITIK: DER BUNDESKANZLER VERBIETET DER IG METALL DAS MAULAnwalt der Starken

„Ihr Schuster, bleibt bei eurem Leisten und kümmert euch um die Belange eurer Mitglieder. Lasst die Finger von der Außenpolitik, denn davon versteht ihr nichts.“ Das war die Antwort Gerhard Schröders auf die Forderung des IG-Metall-Vorstands nach sofortiger Einstellung der Bombenangriffe auf Afghanistan. So dreist, so brüsk autoritär kann nur jemand daherkommen, der wie Schröder alle Spuren seines Herkunftsmilieus getilgt hat. Der nur Verachtung für die „Schuster“ übrig hat, wenn sie es wagen, über ihren Leisten zu schauen. Der Emporkömmling, der sich am wohlsten inmitten der Unternehmer-Entourage fühlt, die mit ihm in China unterwegs ist. Der Durchblicker, der sich Kommentare von Leuten verbittet, die nicht am Tisch – in seinem Fall eher am Katzentisch – der Supermächtigen Platz nehmen dürfen.

Die Reaktion des stellvertretenden IG-Metall-Vorsitzenden Jürgen Peters auf diese Unverschämtheiten des Kanzlers war berechtigt, allerdings viel zu verhalten. Natürlich hat, wie Peters erwiderte, auch eine Einzelgewerkschaft nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, sich in entscheidenden politischen Fragen wie denen von Krieg und Frieden zu äußern. Anders zu argumentieren hieße, Grundfragen des internationalen Zusammenlebens selbst ernannten Experten zu überantworten – also im Endeffekt den politischen Meinungsstreit zu ersticken. Denn es liegt auf der Hand, dass Schröders Verdikt sich auf jeden anderen gesellschaftlichen Zusammenschluss ausdehnen ließe.

Statt solcher Einschätzungen weicht Peters aufs Gebiet der Psychologie aus. Schröders Beschimpfungsarie sei nur Indiz dafür, dass der Kanzler sich angesichts der fortdauernden Bombardements „unwohl fühle“. Die Sorge um das Wohl Schröders ist unangebracht und sachlich falsch. Der Kanzler fühlt sich pudelwohl, wenn er sich nach oben, Richtung USA, verbeugt und gleichzeitig nach unten, wo die Ignoranten herumseiern, tritt. So ist er nun mal gestrickt, unser Anwalt der Schwachen.

Franz Müntefering, Generalsekretär der SPD und IG-Metaller, will jetzt den Schaden begrenzen. Man dürfe angesichts so schwieriger Auslandsmissionen wie der Geschäftsreise nach China dem Kanzler nicht vom sicheren inländischen Hafen aus kritisieren. Wie loyal, wie republikanisch gedacht! Könnte man Münteferings Argument nicht dahingehend erweitern, dass jede Kritik an der Außenpolitik unserer Regierung zu unterbleiben hat, weil sie Zweifel in den USA nähren könnte, dass das Volk hinter dem Kurs des Kanzlers steht? Und wäre das den „deutschen Interessen“ nicht furchtbar abträglich? CHRISTIAN SEMLER

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