: Ab nach Madrid
Las Palmas bezahlt illegalen Einwanderern den Flug in die spanische Hauptstadt. Die Regierung ist nicht begeistert
MADRID taz ■ Der Bürgermeister von Las Palmas de Gran Canaria, José Manuel Soria, hatte eine ganz besondere Idee. Seit Monaten störten den Parteigänger der konservativen Volkspartei (PP) von Spaniens Ministerpräsidenten José María Aznar eine Gruppe von mehreren hundert Schwarzafrikanern, die im Stadtpark Santa Catalina nächtigten. Alle haben ein Abschiebebefehl in der Tasche. Doch mit ihren Herkunftsländern besteht kein Rücknahmeabkommen. So blieben sie im Stadtpark, ohne Paiere, ohne Arbeit, ohne Einkommen. Guter Rat war teuer. Bis Soria seine geniale Idee kam.
Die Gemeindepolizei suchte die Illegalen auf und machte ihnen ein ungewöhnliches Angebot: ein Einfachticket nach Madrid. Die rund 60.000 Euros, die die Reise für 250 Illegale kostete, wurden aus der Gemeindekasse bezahlt. In den letzten Tagen tröpfeln die „sin papeles“ in Grüppchen von sieben bis neun pro Iberia-Flug in Spaniens Hauptstadt ein. Sehr zum Leidwesen des ebenfalls konservativen Madrider Bürgermeisters José Alvarez de Manzano.
„Ich werde keinen von ihnen wegschicken. Ich spiele nicht mit Menschen“, erklärte er. Die Schwarzafrikaner aus Las Palmas hausen auch in Madrid einmal mehr auf der Straße.
„Sie sind keine Spanier, und sie wollen in ihr Land zurückkehren. Von Madrid aus können sie das. Dort sind die ganzen Botschaften“, verteidigt Soria seine Maßnahme. Nach Angaben der Madrider Polizei ist dem nicht so: Viele der Betroffenen haben sich in andere Regionen oder nach Nordeuropa abgesetzt.
Das spanische Innenministerium fürchtet gar einen „Rufeffekt“. Schon bald könnten die Schleppermafias, die die Überfahrt auf die Urlaubsinseln organisieren, mit den Flugtickets nach Madrid Werbung machen. Denn bisher waren die Kanaren eine Sackgasse. Wer künftig lange genug aushält, wird auf den Kontinent verschickt.
Von Seiten der kanarischen Autonomieregierung bekommt Soria Unterstützung. Der regionale Sozialminister Marcial Morales wirft den Gegner der Verschickung „Heuchelei“ vor. Er verlangt einen Pakt aller 17 autonomen Regionen Spaniens, um zu verhindern, dass sich die „sin papeles“ in den Küstenregionen drängen.
Auch der spanische Arbeitnehmerverband ist mit der Politik von Soria einverstanden. Er habe es verstanden, zu verhindern, „dass eines der wichtigsten Touristenzentren des Landes aussieht, als wären wir in der Dritten Welt“. REINER WANDLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen