: Unnachgiebig weiterbohren
Jusos in Bergedorf sammeln Unterschriften für Gedenkstätte Neuengamme ■ Von Peter Ahrens
Auch wenn der Senat sich nun gesprächsbereit zeigt – der Druck auf die neue Regierung, das Gefängnis vom Gelände der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zu verlegen, bleibt bestehen. In Bergedorf sammeln SchülerInnen und Jusos zurzeit Unterschriften in der Fußgängerzone, mit denen die Schließung des Gefängnisstandortes Neuengamme gefordert wird. „Mit Entsetzen“ habe man von den Überlegungen gehört, den Knast auf dem Gelände zu belassen, sagen Christoph Essert und Jana Skibowski vom KreisschülerInnenrat.
Seit Montag stehen die Jusos in der Bergedorfer City und versuchen die Leute zu überzeugen, für die Verlegung des Gefängnisses zu unterzeichnen. „Schon ein hartes Geschäft“, findet Juso-Sprecher Jan Gerbitz. „Wir bekommen doch einige Male zu hören, dass man nach so vielen Jahren endlich einen Schlussstrich ziehen muss und die Jugend doch nichts mehr mit diesem Thema zu tun habe.“ Es gebe allerdings auch „immer wieder nette Szenen, wenn ältere Menschen stehen bleiben und von der damaligen Zeit erzählen“. Noch bis Freitag sammelt man weiter – eine Aktion, die im Rahmen der antifaschistischen Woche in Bergedorf stattfindet. Dabei haben SchülerInnen Graffitis gegen rechts auf Leinwände gesprüht, es gibt eine Ausstellung und Vorträge zum Thema Rechtsextremismus. Am Freitag wird in der Gesamtschule Jiddische Musik gemacht.
Der Senat hatte in der Vorwoche Entgegenkommen beim Thema Neuengamme signalisiert. Justizsenator Roger Kusch (CDU) teilte mit, demnächst die Gedenkstätte gemeinsam mit Überlebenden des KZ-Terrors zu besuchen und sich deren Sicht anzuhören – Kusch hatte in der Bürgerschaft an den starken Eindruck erinnert, den ein Besuch des KZ Auschwitz bei ihm hinterlassen habe. „Ich kann nur hoffen, dass deren Erzählungen und Erlebnisse auch für Herrn Kusch so eindrucksvoll sind, dass er von den Senatsplänen Abstand nimmt“, sagt Gerbitz. Er selbst ist seit der Vorwoche schon zuversichtlicher als vorher, „trotzdem darf man das Thema jetzt nicht fallen lassen und nachgiebig werden.“
Daher haben Jusos und KreisschülerInnenrat dem Senat auch einen mahnenden Brief geschrieben, in dem sie klar machen, dass ein Belassen der Vollzugsanstalt am Ort von „Unverständnis gegenüber den Gefühlen der Opfer“ zeuge. Eine Ausweitung der Gedenkstätte eröffne dagegen die Chance, dort ein Zentrum für Jugendbegegnungen zu bauen.
Während die Jusos noch überlegen, ob sie die Übergabe der gesammelten Unterschriften mit einem demonstrativen Marsch von der Gedenkstätte bis zum Rathaus verbinden sollen, hat der KreisschülerInnenrat bereits eine Aktion geplant: Am Donnerstag, dem 63. Jahrestag der Reichspogromnacht, rufen sie alle Bergedorfer SchülerInnen um 12 Uhr zu einer Schweigeminute auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen