piwik no script img

Hypobanken verschmelzen

Können Kunden nach der Fusion von Banken einen Darlehensvertrag kündigen, ohne Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen? Hamburger Anwälte informieren über Urteil

Drei Konzerne, ein Geschäft: In der vergangenen Woche wurde die Gründung der „Eurohyp AG“ besiegelt. Dazu werden sich die Hypothekentöchter der Dresdner Bank (Deutsche Hyp), der Commerzbank (Rheinhyp) sowie der Deutschen Bank (Eurohypo) zusammenschließen. „Durch die Fusion sollen ab dem Jahr 2004 jährliche Kostensynergien in Höhe von 120 Millionen Euro erzielt werden“, hieß es am Mittwoch. Filialen werden geschlossen, zahlreiche Arbeitsplätze – die Rede ist von „rund 800“ – werden wegfallen.

Auch Verbraucher, die über eine der Bankentöchter ihre Immobilie finanziert haben, sind von dieser Nachricht betroffen. „Unter der Kundschaft werden sich einige größere Darlehensnehmer ärgern“, warnt die auf Immobilien- und Bankrecht spezialisierte Anwaltskanzlei Wehrt & Hahn. Viele hätten „ihre Kreditengagements auf die drei Institute verteilt, um dem einzelnen Institut keinen allzu großen Einblick in die wirtschaftliche Gesamtsituation zu gewähren“.

Die Hamburger Anwälte gehen auf ihrer Webseite deshalb der Frage nach, ob Kreditkunden „ein Recht dazu haben, den laufenden Darlehensvertrag fristlos ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu kündigen“. Den Juristen zufolge bejahe das Oberlandesgericht Karlsruhe dies „unter bestimmten Bedingungen“. So sei entschieden worden, dass Schuldner ihr Darlehen ohne Vorfälligkeitsentschädigung fristlos kündigen können, „sofern sie gewichtige Gründe dafür ins Feld führen, dass der Rechtsnachfolger der ehemals einzeln tätigen Institute nicht in das Kreditverhältnis eintreten“ solle.

In dem Fall, so die Anwältin Angela Wehrt und der Finanzexperte Klaus Wehrt, hatte die Ehefrau des Vorstands einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft ihre Kreditgeschäfte bewusst nicht mit der Volksbank an ihrem Wohnort, sondern mit der in einem Nachbarort getätigt. Sie wollte verhindern, dass die Bank am Wohnort „zu viel über ihre persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Erfahrung bringt“. Mit der Verschmelzung beider Institute habe sich die Frau beeinträchtigt gesehen. Sie kündigte die Darlehen fristlos.

Das Oberlandesgericht räume der Hamburger Kanzlei zufolge für die Fälle von Bankenfusionen grundsätzlich ein, „dass Darlehensnehmer ein Recht auf fristlose Kündigung des bestehenden Festzinsvertrags haben mit der Folge, dass eine etwaige Pflicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung“ entfalle. „Insbesondere bei langfristigen Darlehensverbindungen entstehe zwischen Bank und Kunde ein besonderes Vertrauensverhältnis“, so die Hamburger Anwälte. Mit der Überprüfung der Sicherheiten und der Vermögens- und Einkommenslage erhalte die Bank „höchst persönliche Informationen über den Kreditnehmer“. Deshalb mag ein Darlehensnehmer durchaus daran Interesse haben, nicht allzu viel an privaten Informationen preiszugeben, und deshalb seine Bankgeschäfte auf viele Institute verteilen. Würden die Teilinformationen bei einer Fusion zu einem Ganzen zusammengefügt, so könnten „wirtschaftliche Interessen der Darlehenskunden beeinträchtigt sein“.

Das Kündigungsrecht sei allerdings „in angemessener Frist“ auszuüben. Dem Gericht zufolge seien bereits zwei Monate „nicht mehr als angemessene Zeitspanne anzusehen“. Die Frau im beschriebenen Fall wartete indes elf Monate – zu lange. Die Hamburger Juristen empfehlen, zunächst unbedingt anwaltlichen Rat einzuholen, bevor eine fristlose Kündigung des Darlehensvertrages erwogen werde. ALO

Info: Angela Wehrt (Rechtsanwältin), Klaus Wehrt (Finanzberater), Kanzlei Wehrt & Hahn, Hogenbrook 42 a+b, 21149 Hamburg, www.wehrt-hahn.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen