: Daum drücken für Deutschland
Die große Wahrheit-Fan-Aktion zur Unterstützung unserer Fußballnationalmannschaft
Was „Bild“ kann, kann die Wahrheit schon lange. Am vergangenen Samstag präsentierte „Bild“ einen gezeichneten Daumen, den auch der Fernsehsender Sat.1 kurz vor Beginn des Spiels Ukraine–Deutschland einblendete: „Die größte Fan-Aktion aller Zeiten“. Der Daumen sollte gedrückt werden, damit Deutschland gewinnt. Wie mehrere Teilnehmer der Aktion später versicherten, habe die deutsche Fußballnationalmannschaft ihr Unentschieden gegen die Ukraine nur erreicht, weil sie zum richtigen Zeitpunkt vor dem Fernsehgerät gekniet und den Daumen gedrückt hätten.
Jetzt startet die Wahrheit zum Rückspiel die zweitgrößte Fan-Aktion aller Zeiten: „Daum drücken für Deutschland“. Der ursprünglich für das Amt des Bundestrainers vorgesehene Christoph Daum ist trotz oder gerade wegen seiner Nasenpulver-Affäre ein Glücksbringer für das deutsche Team. Also, liebe Wahrheit-Leser, drücken Sie bitte heute Abend den richtigen Daum. Welcher der Richtige ist, erklärt der Parapsychologe Dr. Heinz Förster vom Institut für taktile Wahrnehmung in Gütersloh.
taz: Dr. Förster, Sie haben für uns drei Fotos von Christoph Daum ausgewählt. Glauben Sie, wir können mit Drücken der Bilder unsere Fan-Kraft auf die Mannschaft übertragen?
Heinz Förster: Aber sicher. In einer langjährigen Studie unseres Institutes in Gütersloh haben wir die „Transfansion“ eindeutig nachweisen können.
Transfansion? Was ist das?
Es handelt sich dabei, um ein Phänomen, das wir erstmals 1996 bei der Europameisterschaft in England entdeckten. Oliver Bierhoff schoss damals sein „Golden Goal“ nur, weil meine Mitarbeiter und ich auf ein Foto von Bierhoff drückten.
Sie sind also für den letzten Europameistertitel der Deutschen verantwortlich?
Aber sicher.
Und wie funktioniert diese „Transfansion“ physikalisch?
Ganz einfach. Wenn viele Fußballfans ihre positive Grundstimmung auf das Objekt, also ihren Lieblingsverein oder das deutsche Team übertragen, entwickelt sich ein Prozess der irreversiblen Hirngleichschaltung. Ströme von Energie vereinigen sich und überwinden Raum und Zeit, dringen bis in den Strafraum vor – und: Tor, Tor, Tor . . .
Das heißt, Sie können einen Sieg vorprogrammieren?
Nicht ganz. Ein Fan muss sich mit anderen „Treueleuten“, wie wir es nennen, zusammentun. Das wirksamste Mittel für ein Wunschergebnis ist, wenn drei oder vier Menschen einen Kreis bilden, ihre Daumen auf das Bild setzen und gemeinsam drücken.
Das funktioniert mit jeder beliebigen Person?
Keineswegs. Das Subjekt der „Energetic Transfansion“ muss einen engen Bezug zum Objekt der Begierde herstellen. Das heißt, er muss das Objekt lieben und verehren. Oliver Bierhoff zum Beispiel war solch ein Objekt, als er noch gut spielte.
Und jetzt Christoph Daum?
Daum zu drücken, bietet sich an, da er eine gemeinsame Vergangenheit mit der deutschen Nationalmannschaft hat.
Aber er wurde doch nie zum Bundestrainer berufen?!
Das macht in dem Fall nichts. Es reicht, dass er es werden sollte. Die Verbindung ist da.
Jetzt haben Sie drei Bilder von Daum ausgewählt . . .
Ja, das ist richtig: Es sind drei Bilder für drei Stimmungen.
Was bedeutet Stimmungen?
Nehmen Sie das erste Bild links. Ein energiereiches Foto, das uns sagt, der Sieg ist eingefahren, die Anspannung war hoch, jetzt ist es geschafft.
Und dieses Foto sollen wir drücken, damit Deutschland gegen die Ukraine gewinnt?
Genau. Und das mittlere, entspannte Bild repräsentiert den ausgeglichenen Wunsch, wenn Sie also ein Unentschieden vorprogrammieren wollen.
Aber wieso gibt es eigentlich auch noch ein drittes Bild?
Das steht für die Niederlage.
Wie jetzt?! Wenn man sich eine Niederlage wünscht?
Sicher. Sehen Sie doch die wunderbare Verbissenheit des Gescheiterten an. Einer, der aus Enttäuschung zu keiner Aussage mehr fähig ist. Das Bild drücken Sie bitte für die Niederlage.
Aber wir wollen doch die deutsche Mannschaft gegen die Ukraine unterstützen!
Sie können das auch als Möglichkeit zur Alternative sehen.
Alternative . . .?
Ja, wenn das Drücken auf die Sieg- oder Remisbilder nicht funktioniert, dann klappt es eventuell mit dem dritten Bild. Die negativen Strömungen zu bündeln, wird zwar kein positives Wunschergebnis hervorbringen, aber war dann in unserem Sinne dennoch erfolgreich.
Aber das widerspricht doch dem Sinn unserer Aktion!
Keineswegs. Versuchen Sie es ruhig mal. Nehmen Sie die Zeitung, sobald das Spiel begonnen hat, und drücken Sie einfach auf das Bild ihrer Wahl. Sie werden schon sehen, was passiert.
INTERVIEW: MICHAEL RINGEL
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