Einer wird gewinnen

Heute stellt der Kanzler im Bundestag die Vertrauensfrage. Gewinnen wird er sowieso: Entweder bekommt er seine Mehrheit, oder er gewinnt bei Neuwahlen. Fünf Neinstimmen angekündigt

BERLIN taz ■ High Noon im Bundestag: Heute um zwölf Uhr werden die Abgeordneten dem Bundeskanzler das Vertrauen aussprechen oder entziehen. Die Vertrauensfrage ist an ein Ja oder Nein zu einem Einsatz der Bundeswehr im Afghanistankrieg gebunden. In einem Entschließungsantrag wollen SPD und Grüne außerdem humanitäre Maßnahmen fordern.

Doch unabhängig davon, ob Gerhard Schröder eine rot-grüne Mehrheit bekommt oder nicht – gewinnen wird er sowieso. Denn selbst wenn er die Koalition nicht hinter sich und dem Bundeswehreinsatz vereinigt und, wie für diesen Fall angekündigt, die Auflösung des Bundestags einleitet, ist ihm der Sieg sicher: Bei Neuwahlen würde die SPD gewinnen. Die Grünen dagegen könnten dann unter die Fünfprozentmarke sinken.

Für Vertrauen und Einsatz braucht Gerhard Schröder 334 der insgesamt 666 Stimmen. Wenn mehr als sechs Abgeordnete der rot-grünen Koalition ausscheren, gibt es keine „Kanzlermehrheit“. Gestern überschlugen sich die Meldungen über der Abgeordneten Wohl, Wehe und mögliche Meinungsumschwünge der „Abweichler“.

So lag die grüne Umweltstaatssekretärin Gila Altmann zwar noch mit schwerer Krankheit im Krankenhaus. Fraktionskreise waren jedoch davon überzeugt, dass sie erscheinen werde, um die Mehrheit zu stärken. Eine einzige SPD-Abgeordnete, die Schwarzwäldlerin Christa Lörcher aus Villingen-Schwenningen, erklärte, dass sie mit Nein stimmen werde. Die Südwest-SPD forderte die Abgeordnete umgehend auf, ihr Mandat niederzulegen. Lörcher trat daraufhin aus der Fraktion aus. Ihr Mandat behielt sie.

Die vier grünen Abgeordneten Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Winfried Hermann und Christian Simmert hatten bereits am Vortag angekündigt, bei ihrem Nein, das sie am vergangenen Wochenende in einem Positionspapier begründet hatten, bleiben zu wollen. Eine andere Unterzeichnerin, Irmingard Schewe-Gerigk, sagte dagegen gestern, sie habe ihre Meinung geändert: „Ich kann die Verantwortung nicht auf mich nehmen, dass es an meiner Stimme liegt, die Koalition zu beenden.“ Hans-Christian Ströbele, Meinungsführer der Einsatzgegner, gab sich gestern geheimnisvoll: „Ich bin weitgehend entschieden. Ich sage aber nicht wie“, erklärte er.

Vier Grüne plus eine SPD-Stimme: macht fünf. Bleibt es dabei, hat der Kanzler seine Mehrheit. ULRIKE WINKELMANN

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