: Bayerntropfen auf heißen Stein
Mehr Staatsanwälte, mehr Polizisten, mehr Lehrer, mehr Gemeinsamkeit: Senat will mit Sofortprogramm Handlungsfähigkeit demonstrieren ■ Von Sven-Michael Veit
„Wenn wir am Koalitionsvertrag etwas modifizieren“, sagt Ole von Beust, „dann nur gemeinsam“. Eine „einseitige Aufkündigung von Vorhaben“ werde es nicht mehr geben, behauptete der CDU-Bürgermeister am Sonnabendnachmittag nach einer Klausurtagung des Schwarz-Schill-Senats in dessen Uhlenhors-ter Gästehaus. Und ließ die Regierung mit „Sofortmaßnahmen“ Handlungsfähigkeit demonstrieren.
Denn in den zweieinhalb Wochen ihrer Existenz hat die Rechtskoalition vornehmlich mit Widersprüchlichkeiten geglänzt. Die angekündigte Abschaffung des Klagerechts von Umweltverbänden stellte Umweltsenator Peter Rehaag (Schill) in Frage, den geplanten Ausverkauf öffentlicher Unternehmen relativierte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall. Zudem leistete er sich mit Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (beide CDU) ein Kompetenzgerangel bei der Arbeitsmarktpolitik, während diese wiederum mit FDP-Bildungssenator Rudolf Lange über die Aufteilung des Amtes für Jugend scharmützelte. Dazu die unendliche Posse um die weiterhin fehlende Kultursenatorin und der peinliche Streit um die KZ-Gedenkstätte Neuengamme (siehe rechts).
Gründe genug für Regierungs-chef von Beust, Stärke zu demons-trieren. „Etliche Arbeitsaufträge“ zur Mittelstandsförderung, für einen „Umweltpakt“ mit Betrieben oder zur Einrichtung eines geschlossenen Heims für straffällige Jugendliche seien jetzt erteilt worden. Und einige Nägel mit Köpfen habe man bereits gemacht.
15 neue Staatsanwälte sollen „unmittelbar“ eingestellt werden, kündigte von Beust an, „um den Stau in der Justiz zu beheben“. 252 Hilfspolizisten durfte Innensenator Ronald Schill in Aussicht stellen. Im Laufe des nächsten Jahres sollen in zehnwöchigen Lehrgängen „Angestellte im Polizeidienst (AiP)“ ausgebildet werden. Sie sollen Polizeibeamte entlasten, damit diese sich auf „die Jagd nach Dealern und anderen Kriminellen konzentrieren“ könnten. 19,2 Millionen Mark im Jahr würden dafür bereitgestellt.
Zudem werde Bayern der Hansestadt „mit zunächst 20 Polizisten aushelfen“, so Schill. Weitere Leihbeamte, die „einige Monate oder auch länger nach Hamburg kommen“, habe Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) im Rahmen einer „Sicherheitspartnerschaft“ zugesagt (Bericht S. 8). Zwar sei das „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Schill, aber „wir sind in einer Notlage, weil Rot-Grün die Polizei kaputtgespart hat“.
Bildungssenator Lange freute sich, die Einstellung von 180 Lehrern im nächsten Jahr ankündigen zu dürfen. Die „zusätzlichen Mittel“ dafür von über 20 Millionen Mark jährlich müssten allerdings noch „bereitgestellt werden“. Aber da sieht Lange kein Problem: „Bildung hat für uns Priorität.“
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