polizei-kennzeichen: Eine kleine Sensation
Wer Demonstrationen in Berlin beobachtet, kennt die Situation: Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen, bei denen nicht nur Demonstranten, sondern auch Polizisten über die Strenge schlagen. Geht die Gewalt von den Beamten aus – wie vor zwei Jahren, als ein Polizist am 1. Mai eine Demonstrantin derart verprügelte, dass sein Schlagstock zerbrach –, können die Schuldigen in den meisten Fällen nicht ermittelt werden.
Kommentarvon SABINE AM ORDE
Denn freiwillig rücken die Übeltäter ihre Dienstnummern nicht heraus; Augenzeugen fragen häufig nicht – wie im oben beschriebenen Fall –, aus Angst, selbst verprügelt zu werden. Auf Fotos oder Videoaufnahmen aber sehen die behelmten Beamten einer wie der andere aus.
Das Resultat: Die Vergehen der Polizisten bleiben unbestraft. Das hat nicht nur fatale Folgen für die Einstellung unter den Beamten selbst, sondern auch für das Vertrauen der Bürger in die Polizei.
Entscheidet sich die künftige Ampelkoalition jetzt für die Einführung einer Kennzeichnungspflicht, so ist das eine kleine Sensation, die mehr als begrüßenswert ist. Berlin wäre damit das erste Bundesland, in dem die Beamten der geschlossenen Einheiten individuell gekennzeichnet sind – und die hiesige Polizei könnte endlich einmal positive Schlagzeilen machen.
Dass die Polizeigewerkschaft genau das verhindern will, macht mehr als skeptisch. Ihre Drohungen legen den Verdacht nahe, sie wolle die Übeltäter in den eigenen Reihen schützen. Genau damit aber muss endlich Schluss sein: Polizisten dürfen weder Anonymität noch besonderen Schutz genießen. Sie müssen für ihre Handlungen zur Verantwortung gezogen werden – wie jeder andere auch.
thema des tages SEITE 22
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