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Ausländerhetze führt zum Wahlsieg

Mit fremdenfeindlichen Parolen wird die rechtsliberale „Venstre“ bei den Wahlen in Dänemark stärkste Partei. Die Koalition mit den Konservativen hat im Parlament keine Mehrheit. Da ist die Regierung auf die rassistische Dänische Volkspartei angewiesen

VON REINHARD WOLFF

Die ersten Parlamentswahlen in einer westlichen Demokratie nach dem 11. September endeten mit einem Sieg von Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Ausländerangst. Nicht weniger als 82 Prozent der DänInnen stimmten am Dienstag für Parteien, die eine Verschärfung der AusländerInnenpolitik propagieren und mit der Angst vor einer „Überfremdung“ des Landes Stimmung machten.

Gewinnerinnen waren die Parteien, die dies am skrupellosesten vorführten: Die offen rassistische „Dänische Volkspartei“, die mit einem Zuwachs von 4,6 Prozent auf 12 Prozent kam und die seit 1998 unter ihrem neuen Vorsitzenden Anders Fogh Rasmussen stark nach rechts abgedriftete „Venstre“, die mit 31,3 Prozent (plus 7,3) erstmals seit 1920 stärkste Partei wurde.

Für die seit acht Jahren regierenden und traditionell starken Sozialdemokraten wurden die Wahlen zu einer regelrechten Katastrophe: Trotz glänzender Wirtschaftsdaten mit niedriger Arbeitslosigkeit und einem nach wie vor gut funktionierendem Sozialsystem sackte eine von Perspektivlosigkeit geprägte Partei auf 29,1 Prozent der Stimmen ab und verlor fast sieben Prozent.

Somit zahlte sich für sie weder das Mitreiten auf der Welle der Fremdenfeindlichkeit aus, zu welchem sich der größte Teil der Partei mit Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen an der Spitze hinreißen ließ, noch die vorbehaltlose Unterstützung dieser Regierung für den Krieg der USA in Afghanistan. Rasmussen hatte die um sechs Monate vorgezogenen Wahlen in der Hoffnung ausgeschrieben, der Staatsmann-Bonus würde ihm gerade in diesen unsicheren Zeiten eine weitere Legislaturperiode sichern. Die DänInnen entschieden sich aber in beiden Politikfeldern, wenn schon vor die Wahl zwischen nahezu austauschbaren Parteipositionen gestellt, für die kompromisslosesten ScharfmacherInnen.

Für ihren Zickzackhaltung zur Antiterrorismusbekämpfung musste auch die Sozialistische Volkspartei büßen, eine den deutschen Grünen vergleichbare Partei. Zunächst hatte sie vorbehaltlos die US-Politik gegen Afghanistan unterstützt, um sich erst im letzten Moment von den Bombardierungen zu distanzieren. Zu spät, um nicht doch jede fünfte bisherige Stimme zu verlieren und auf 6,4 Prozent abzurutschen. Die der PDS vergleichbare „Einheitsliste“, die einzig konsequente Kriegsgegnerin verlor 0,3 Prozent, schaffte es mit 2,4 Prozent aber wieder über die 2 Prozenthürde.

Stärken konnte ihre Position dagegen der bisherige Koalitionspartner der Sozialdemokraten und gleichzeitig die einzige bürgerliche Partei, die versucht hatte, der AusländerInnenhetze gegenzusteuern. Die sozialliberale „Radikale Venstre“ kam auf 5,2 Prozent. Für sie zieht mit Naser Khader – mit syrisch-palästinensischer Abstammung – der erste Abgeordnete nichtdänischer Herkunft in das Folketing.

Auch wenn der Vorsitzende der „Venstre“, Anders Fogh Rasmussen nun vermutlich Ministerpräsident einer Koalitionsregierung aus seiner rechtsliberalen Partei und den Konservativen wird, kommt diese auch mit den vier Stimmen der „Christlichen Volkspartei“ nur auf 76 der 175 Sitze. Nur die Unterstützung von rechtsaußen sichert ihr eine Parlamentsmehrheit.

Pia Kjaersgaard, Vorsitzende der „Dänischen Volkspartei“ machte schon in der Wahlnacht klar, dass ihre Partei mit 22 Abgeordneten die Tatsache, dass ohne sie nichts geht, nutzen werde: „Jetzt beginnt das Fest! Wir werden bestimmen! Rasmussen wird auf uns hören müssen!“ Als erstes dürfte eine Verschärfung des Ausländerrechts anstehen – die achtunddreißigste seit 1993. Die Regelungen des Familiennachzugs sollen eingeengt werden, eine Kürzung von Sozialhilfe und Leistungen für Gesundheits- und Altersvorsorge für MigrantInnen werden diskutiert.

In den skandinavischen Nachbarländern wurde in seltener Einigkeit quer durch das politische Spektrum der Wahlkampf kritisiert und das Ergebnis bedauert, was die künftige Schlüsselrolle der „Volkspartei“ angeht. Auch die jeweiligen liberalen und konservativen Schwesterparteien distanzierten sich deutlich von der Politik der entsprechenden dänischen Parteien. Für Europa bedeutet das Wahlergebnis, dass eine dänische Regierung im zweiten Halbjahr 2002 den EU-Vorsitz übernimmt und die EU-Osterweiterung zum Ziel führen soll, die ihre Politik zentral gerade auf eine Furcht vor einer Öffnung der Grenzen und des Arbeitsmarkts stützt.

meinung Seite 12

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