Blick durch die Lupe auf Projekte vor Ort

Eine nachhaltige Studie zur Praxis des Ökotourismus mit konkreten Empfehlungen für die Zielgebiete

Ökotourismus will politische Ansprüche und wirtschaftlichen Nutzen verbinden

Die Besucher der tropischen Toledo Ecotourism Association im Süden Belizes (Mittelamerika) sind durchweg „hoch zufrieden“. Kanutouren in den Regenwald werden geboten, die Maya-Ruinen Lobaantum liegen in der Nähe, die Familien der assoziierten Dörfer servieren ihren Besuchern die typischen Mahlzeiten, basierend auf Tortillas oder Maniok. Die Gäste finden hier die gesuchte Authentizität von Dorfgemeinschaften der traditionellen Maya- bzw. Garifuna-Kultur. Sie suchen den Kontakt zu den Einheimischen und lernen deren Lebensweise und Kultur hautnah kennen.

Aus Sicht der Einheimischen könnte manches in ihrem Ökotourismus-Projekt besser laufen, etwa die Finanzierung eines Büros, man könnte auch erheblich mehr Tourismus vertragen – doch die Mischung aus Ökotourismus und Ressourcenschutz stimmt. Die Touristen sind eine stabile Nebenerwerbsquelle. 1997 wurde das Projekt auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin überdies mit dem ToDo!-Preis des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung (Ammerland) ausgezeichnet.

So viel zur gelungenen Ökotourismusvariante. Im Biosphärenreservat Calakmul (Yukatan, Mexiko) hingegen herrscht Frust. Mit Hilfe ausländischer Gelder hatte man zahlreiche archäologische Maya-Stätten freigelegt, hatte sich auf Besucher eingestellt, doch irgendwie lief alles falsch, man geriet zwischen politische Fronten. In Calakmul, so berichtet Wolfgang Strasdas in seiner Studie „Ökotourismus in der Praxis“, bildeten sich zwei unterschiedliche touristische Entwicklungsstränge heraus: „schlecht funktionierende kommunale Tourismusprojekte einerseits und konventioneller, wenig nachhaltiger Rundreisetourismus auf der anderen Seite.“

Zwei Beispiele von vielen. Vier solcher Ökotourismusprojekte hat Wolfgang Stradas im Rahmen der Programme der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) genauer untersucht, um zu „verallgemeinerbaren Aussagen“ darüber zu kommen, warum die einen funktionieren, die anderen aber nicht. Dass Ökotourismus ein äußerst anspruchsvolles Programm ist, nämlich politische Ansprüche mit Naturschutz und wirtschaftlichen Effekten für eine Region zu verbinden, reicht längst nicht aus, um alle Schwierigkeiten bei der Umsetzung zu erklären.

Eines der zentralen Probleme liegt nach Strasdas darin, dass Tourismuswirtschaft und Naturschutz unterschiedlichen Systemlogiken folgen und selten konstruktiv miteinander kooperieren. Um erfolgreich zu sein, sollten aber einige Parameter stimmen: ein gut funktionierender Mix effektiver Steuerung und stärkerer Selbstbestimmung der Zielregionen sowie Kooperationen zwischen Gemeinden und verantwortungsbewussten Tourismusunternehmen. Für die Einzelfälle hat er praxisnahe Empfehlungen ausgearbeitet.

Wolfgang Strasdas hat seine Studie als Dissertation an der TU Berlin verfasst. Das bedeutet nicht nur Genauigkeit, sondern auch eine formalisierte Sprache, schwierige Schaubilder und Methodendiskussion. Gut lesbar ist dennoch, wie er das Geflecht von Naturschutz, Tourismus und Entwicklungsarbeit umfassend vorstellt und in einer Weise aufdröselt, dass die Akteure und ihre – konfliktträchtigen – Einflusspositionen darin kenntlich werden. Das ist aktuell und sehr informativ gemacht. CHRISTEL BURGHOFF

Wolfgang Stradas: „Ökotourismus in der Praxis“. Ammerland 2001, 291 S., 45 Mark zu beziehen beim Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e. V., Kapellenweg 3, 82541 Ammerland/Starnberger See. Internet: www.studienkreis.org