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Landschaften aus einem fahrenden Zug

■ Wen würde eine Ausstellung „Landschaften“ noch hinterm Ofen vorholen? Es sei denn, sie hängt im Güterbahnhof und zeigt ein paar ungewöhnliche Naturzugänge

Sanft geschwungene Hügel. Sattes grünes Gras und blauer Himmel. Landschaft eben. Doch wo fängt sie an, wo hört sie auf? Ein weites Feld. In der Werkstatt Galerie im Güterbahnhof zeigen rund 30 verschiedene Künstler, überwiegend aus Bremen, ihre Arbeiten zum Thema. Da gibt es klischeehafte Fotos von einer Anhöhe in Nordwestschottland, mit rauhem Felsen und weißen Wattewölkchen darüber. Die Natur pur als Abzug vom Negativ, festgehalten von dem Künstler Michael Lapuks. Dannaber eine graue Betonwüste in Acryl auf Nessel. Nur im Hintergrund sind ein paar grüne Baumreihen zu erkennen. „Die reine Natur darzustellen wirkt meiner Meinung nach heutzutage lächerlich“, findet Aussteller Norbert Bauer. Trotzdem sei sein Betonfeld nicht als kritisches Bild zu verstehen. „Ich finde es einfach interessant, über einen schmalen Ausschnitt einen weiten Raum zu öffnen, in dem erst einmal nicht viel passiert.“ Und auch nicht viel passieren wird, „wenn der Betrachter die Leere nicht mit seiner eigenen Geschichte zu füllen weiß“, so der 34-Jährige.

Die Künstlerin Claudia Christoffel hingegen kurbelt die Phantasie des Betrachters mit comicähnlichen Schriftzügen wie „Boom Boom“ oder „Crack Crack“ an. Auf ihren Siebdrucken in poppigen Farben sind nur schemenhaft Bäume und Sträucher zu erkennen. „Mir gefällt ihre Erweiterung ins Lautmalerische“, so Norbert Braun. Es ist nicht die bloße Sicht auf die Landschaft, sondern man ist mittendrin, liegt im Gras und hört förmlich Schritte oder Schüsse eines Jägers.“ Leiser geht es bei Mechthild Böger zu. Die auf einem Teesieb gespannte Oblate ist mit einem Südsee-Palmenmotiv bemalt. Landschaft ist eben vielseitig. Das liegt wohl in der Natur der Dinge.

Interessant sind auch die Arbeiten von Rebekka Brunke. Mit Kohle zeichnet sie Landschaftsfotografien ab. „Bei ihr hat man ein wenig das Gefühl, in einem fahrenden Zug zu sitzen und sich durch die Landschaft zu bewegen“, so Braun. Ihre Bilder verbreiten eine nachdenkliche Stimmung: Schwarz/Weiß Abstufungen, flache Landschaften, hier und da ein Strommast, der in den traurigen, weiten Himmel sticht. Ganz anders wirkt da das Bild „Nebel“ von Tom Geffken. Es zeigt zwei Riesenfliegenpilze, an denen zwei Kinder naschen. „Das interessante an der Ausstellung ist, den Leuten ein Thema zu geben und zu sehen, welche Bilder sie dazu bringen“, so Marion Bösen aus dem Künstlerhaus. Sörre Wieck

Die Ausstellung „Landschaft“ist noch bis Samstag, 1. Dezember im Künstlerhaus am Güterbahnhof zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag-Donnerstag und Samstag von 14-18 Uhr.

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