: Klonversuche nach Recht und Gesetz
In den USA gilt für staatlich und privat finanzierte Forschung unterschiedliches Recht. Das könnte sich nun ändern
Die Meldung aus Massachusetts über den ersten Klonversuch eines menschlichen Embryos hat in den USA die Debatte über die rechtliche Kontrolle der Stammzellenforschung wieder neu entfacht. Das Unbehagen, das das Wort „Klonen“ bei den meisten Menschen auslöst, steht auch im US-Kongress im Vordergrund. Ganz offen war der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Tom Daschle: Er verstehe zwar überhaupt nicht, was die Forscher eigentlich gemacht hätten, er sei aber „sehr beunruhigt. Ich denke, es geht in die falsche Richtung.“
Derzeit verbietet ein US-Bundesgesetz zwar die Verwendung von Steuermitteln für das Klonen menschlicher Embryonen; auch die Herstellung neuer Stammzelllinien ist staatlich finanzierten Genforschern verboten. Privat finanzierte Forschung jedoch kennt kaum rechtliche Grenzen – nur in wenigen Bundesstaaten ist das Klonen grundsätzlich verboten.
Das könnte sich ändern. In einer ersten Reaktion auf die Meldungen vom Sonntag sagte US-Präsident George W. Bush, er hoffe, dass der Kongress bald ein Gesetz verabschiede, um das Klonen überhaupt unter Strafe zu stellen. Das hat die eine Kammer des Kongresses bereits getan: Mit 265 zu 162 Stimmen hatte das Repräsentantenhaus im August dieses Jahres ein völliges Klonverbot für menschliche Embryonen beschlossen – egal ob es sich dabei um „therapeutisches Klonen“ zur Gewinnung von Stammzellen oder um die Herstellung eines Menschen handelt. Dieses Gesetz sollte eigentlich bereits im September im Senat diskutiert werden – doch die Debatte in der demokratisch kontrollierten Kammer fiel nach den Terroranschlägen vom 11. September zunächst aus.
Im August hatte Präsident Bush entschieden, die Forschung an embryonalen Stammzellen auch mit Bundesmitteln zu finanzieren – sofern sie sich auf jene rund 65 Stammzelllinien beschränke, die bis dato existierten. Das ging einigen demokratischen Senatoren nicht weit genug – sie wollten auch die Herstellung weiterer Stammzelllinien ermöglichen, das Klonen allerdings verbieten.
Das aber birgt argumentative Hindernisse: Schließlich führen die Befürworter des therapeutischen Klonens genau die gleichen Versprechen der Technologie für die Heilung schwerer Krankheiten an wie die Stammzellenforscher, die ihr Rohmaterial aus Embryonen gewinnen, die bei künstlichen Befruchtungen übrig geblieben sind und anderenfalls weggeworfen würden. Wenn es also grundsätzlich ethisch vertretbar sei, Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen zu nutzen – warum solle man sie dann nicht auch gleich mit der Klontechnologie herstellen? Die verspricht immerhin, dass gewonnene Zellen und die daraus hergestellten Organteile oder Gewebe mit denen des Patienten identisch sind und weniger Abstoßungsreaktionen provozieren.
Die Abgeordneten beider Kammern sehen sich seit Monaten massivem Lobbying beider Seiten ausgesetzt: der christlichen Rechten, die am liebsten alles verbieten möchte, was überhaupt mit menschlicher Gentechnologie in Verbindung steht, und der Forscher; der sie stützenden Industrie andererseits, die Wettbewerbsnachteile fürchtet, wenn in den USA verboten werden sollte, was andernorts erlaubt ist. Die Meldungen aus Massachusetts dürften den Diskussionsprozess deutlich beschleunigen. BERND PICKERT
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