: Ein bisschen Guerrilla-Taktik muss sein
■ Rasterfahndung: Die Asten wollen die Uni-Verwaltungen mit Anfragen überschwemmen
„Jung? Student? Moslem? – Und wo waren Sie am 11. September?“ So ähnlich könnte es tatsächlich ablaufen, wenn ein paar Kripobeamte auf Rasterfahndung gehen. Genau dagegen wehren sich jetzt die Bremer Universitäten.
Schon hat die Uni Daten von 180 derzeitigen und 300 ehemaligen Studenten an das Bremer Landeskriminalamt weitergegeben. Dort werden sie flugs durch den Computer gejagt, um terroristische „Schläfer“ ausfindig zu machen. Alle Studis kommen aus einem Land mit überwiegend muslimischer Bevölkerung (ohne die Türkei, insgesamt sind es 26 Länder), sind männlich und waren oder sind mindestens fünf Jahre eingeschrieben – so die Bremer Kriterien, nach denen die Polizei derzeit Daten von Institutionen anfordert. Und zwar nicht nur von den Hochschulen, sondern auch von Krankenkassen, Sozialämtern oder Fluglinien. Big Brother is rastering you.
„Die Rasterfahndung verdächtigt Menschen aufgrund von Herkunft und Glauben – sie ist ein rassistisches Konstrukt“, sagte Michael Sauter von der Asta-Aktionsgruppe gegen Rasterfahndung (AG) auf einer Info-Veranstaltung im Foyer des GW II, zu der rund 80 Studenten gekommen waren. Schon hätten arabische Studenten Schwierigkeiten bei Job- und Wohnungssuche, „viele reden von Anfeindungen“, erzählt Sauter. Aber was bloß gegen die Weitergabe der persönlichen Daten – und damit gegen das seit dem 11. September latent moslemfeindliche Klima – tun?
Auf die Verwaltungen der Bremer Hochschulen dürfte demnächst ein Schwung Arbeit zukommen. Die AG verteilte Formblätter, mit denen Studenten Auskunft darüber erbitten können, „ob meine Daten im Rahmen der Rasterfahndung vom 5. bis 10. 11.2001 von der Universität/Hochschule an das Landeskriminalamt weitergegeben wurden.“ Eigentlich sind die Zettel nur für „mögliche Betroffene“ gedacht – aber sofort erklärten sich auch deutsche Studenten bereit, „einfach mal anzufragen“. Ein bisschen Guerilla-Taktik muss sein. Die Uni steht auf.
Dann stand Morin Kamga Fobissie von der Vereinigung ausländischer Studenten AISA auf: „Die Rasterung mindert unser Wohlbefinden“, sagte er mit trauriger Stimme. Sie schaffe ein Klima des Misstrauens, „nur weil wir anders aussehen. „Das ist wie eine Krankheit“, erzählte er. „Nur, dass es kein Heilmittel dagegen gibt.“
„Heute sind es männliche arabische Studenten, morgen sind es weibliche, die was weiß ich für welchen Kriterien genügen“, sagte Rechtsanwalt Günter Werner. Die Rasterregelung im neuen Bremer Polizeigesetz sei so schwammig, dass sie „auf alle denkbaren Situationen anwendbar“ sei. Dahinter stecke „das Endziel, die gesamte Bevölkerung zu erfassen. Das ist die eigentliche Gefahr.“
Mit der Bestätigung der Uni, dass Daten an die Polizei weitergegeben worden sind, sollten sich die Studenten an den Bremer Polizeipräsidenten wenden und die sofortige Löschung beantragen, erklärte Werner. „Oder: Direkt beim Verwaltungsgericht per einstweiliger Verfügung die Löschung erwirken.“
Bislang gibt es nur einen Knackpunkt: Die Uni hat bereits verneint, dass sie Betroffene informieren darf. Aus dem Bremer Innenressort gebe es entsprechende Anweisungen. Aber auch hier hatte Rechtsanwalt Werner ein Rezept parat: „Eine Klage beim Verwaltungsgericht könnte sich lohnen. Es gibt Präzedenzverfahren, die günstig verlaufen sind.“
Kai Schöneberg
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