piwik no script img

Der bremische Weg zum deutschen Pass

■ Bildung statt Kontrolle: Innenbehörde und Volkshochschule setzen Akzente / Der Sprachnachweis – Voraussetzung für den deutschen Pass – wird künftig bei der VHS gemacht

Die Bremer Innenbehörde und die Volkshochschule (VHS) gehen neue Wege. Wer einen deutschen Pass will, kann den dafür notwendigen Deutschnachweis künftig bei der Bremer Volkshochschule erbringen. Der umstrittene und vielfach kritisierte „Sprachtest“, der seit Inkrafttreten des Einbürgerungsgesetzes zu Jahresbeginn 2000 bislang von SachbearbeiterInnen der Innenbehörde durchgeführt wurde, ist damit vom Tisch.

Mit dieser Neuregelung orientiert sich Bremen künftig an einem Sprachtest-Konzept, das in Berlin seit über einem Jahr zum Einsatz kommt. Dabei gibt es dennoch eine bremische Besonderheit: Der Nachweis für die erste Einwanderergeneration wird vereinfacht. Für die zumeist über 60-Jährigen, die die übrigen Voraussetzungen zur Einbürgerung erfüllen, soll der Sprachtest keine Extra-Hürde sein. „Das wird insbesondere für Frauen eine große Rolle spielen“, so die Leiterin der Bremer Volkshochschule, Barbara Loer, zufrieden. Noch feile man an dieser Test-Variante. Innensenator Kuno Böse (CDU) begrüßte die Neuregelung als „objektives Verfahren“. „Für die Integration ist das Wichtigste, dass die Menschen sich verständigen können“, waren sich Böse und Loer einig.

Übermorgen tritt die Neuregelung offiziell in Kraft. Ab dann können Einwanderungswillige, die den Sprachnachweis erbringen müssen, sich bei der Volkshochschule melden. Dabei geht Barbara Loer davon aus, dass dem Test ein Beratungsgespräch vorausgeht. Den InteressentInnen werde dann ein Modelltest vorgestellt, anhand dessen sie die sprachlichen Erfordernisse abschätzen könnten. „Aus Erfahrung weiß man, dass nur die Hälfte der Leute, die die Einbürgerung beantragen, überhaupt noch einen Extra-Nachweis brauchen“, so Loer.

In Bayern haben Statistiken ergeben, dass rund 80 Prozent der Personen, die den Test machten, ihn im ersten Anlauf bestehen. Bundesweit gilt die bayerische – wie auch die baden-württembergische – Testvariante als besonders anspruchsvoll. In ihr müssen Prüflinge auch schreiben. „Das haben wir in Bremen für eine besondere Erschwernis gehalten“, so der Innensenator und die VHS-Leiterin übereinstimmend. „Wir gehen davon aus, dass die meisten Leute nicht nur eine fremde Sprache, sondern auch ein fremdes Alphabet lernen müssen“, begründet Loer die Vereinbarung. Eine schriftliche Prüfung sei eine Extra-Barriere.

Der Riesen-Run auf das neue Angebot ist möglicherweise dennoch nicht zu erwarten. Über die Hälfte der Personen, die eingebürgert werden möchten, sprechen bereits gut genug Deutsch – und haben keine Probleme, dies anhand von Schul- oder Arbeitszeugnissen zu belegen.

Ohnehin erwartet die Bremer Innenbehörde nur 2.000 Einbürgerungen pro Jahr. Für diejenigen, die dabei den Weg über die Volkshochschule gehen, soll der Sprachtest in den rund 500 Mark Einbürgerungsgebühr (pro erwachsener Person) enthalten sein. Er wird mit 45 Mark berechnet.

Schwerpunkt mäßig soll das Testverfahren sich an Alltagssituationen orientieren. Um die Menschen zum sprechen zu animieren, werden ihnen dafür etwa Bilder vorgelegt – Personen, die Wasserpfeife rauchen etwa. Oder ein Hochzeitspaar – sie im dunklen Kleid. Die gegebenen „Impulse zur Bildbeschreibung“ lauten: „Wissen Sie, wie man Wasserpfeife raucht?“ oder „Die Braut hat kein weißes Kleid. Finden Sie das schön?“

Diese Form und Impulse seien angemessen, so VHS-Chefin Loer. Insbesondere verwies sie auch darauf, dass Zuwanderung und Integration in der Bremer Volkshochschule das besonderere Schwerpunktthema für das nächste Jahrzehnt sein werde.

Ulrike Bendrat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen