Netzwerk des Errors

■ Meister Propper schmeißt für sich selbst einen Grand Slam. Immerhin wird er 50

Sogar im Landesvorstand der Bremer Grünen war er mal. Doch am meisten liebte er die alphanumerischen Codes: KGB3 und BMW2. In einer schwierigen Phase rief er einmal auf zum „Mösenboykotz“ - und wurde dafür mit Graffitis an den Hauswänden des Viertels geschmäht: „Günter halz Maul“. In autonomer Linksschreibung. Seine geistig-geographische Heimat befindet sich irgendwo am westlichen Weserufer (oder schnöder: im Ostertor). Wenn der Fürst des öffentlichen Unsinns die Straßen seiner kulturellen Grafschaft abmisst, trägt er als Zeichen spirituellerStrahlkraft zumeist ein T-Shirt mit einer Imago seiner selbst - einem Zähne bleckenden, grienenden Glatzkopf. Darunter steht „Meister Propper“.

Nomen est omen. Viele Jahre in den wilden Schluchten der BalkanRestaurant-Region sind ins Land gegangen. Jetzt hat es ihn erwischt.

Günter Kahrs alias Meister Propper wird fuffzig. Doch Meister Propper ist nicht nur der hansische Papst der gelebten kulturellen Anarchie. Er ist vor allem ein Maitre und großer Impresario der slam poetry. Als solcher gebietet er über Heerscharen von Jüngern und Adepten und hat ein weltweites Netzwerk des Errors geflochten. Was liegt näher, als Propper50 mit einem zünftigen Abend prall an schlammiger Poesie zu begehen?

Doch was in schummerigen Kaschemmen zwischen Bernhardstraße und Weberstraße begann, hat längst den Literaturbetrieb okkupiert. Slam Poetry heißt vornehmer Social Beat. Sie wird von richtigen Verlagen herausgegeben und gilt längst als Young (1) German Poetry. Direkt aus den Katakomben der Postmoderne, von den Verdammten der Kneipen. Auch wenn die Landesbank Baden-Württemberg ein bisschen nachhilft. Die Crème de la crème wird sich heute ein Stelldichein geben. Wie etwa Jan Off, Johannes Finke und Philipp Schiemann.

Probe gefällig? „Allright, ihr Motherfucker. Dies ist ein gottverdammter Überfall, oder muss ich euch erst meinen Truthahnhals zeigen?“ (Philipp Schiemann)

Thomas Gebel

Heute, 20 Uhr, im Lagerhaus