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Es regiert der raue Ton

Wowereit warnt Gewerkschaften vor einer Blockade des Personalabbaus. Gewerkschaften warnen Wowereit vor einem heißen Winter. Vor eine Einigung setzen beide Seiten die üblichen Drohgebärden

von RICHARD ROTHER

Unter die Regentropfen mischen sich bereits die ersten Graupel, und in der Stadt wird der Ton zwischen Regierenden und Regierten rauer. Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) jedenfalls hat gestern noch einmal die Keule geschwungen. Er warnte die Gewerkschaften, den geplanten Personalabbau im öffentlichen Dienst zu blockieren. Bis zu zwei Milliarden Mark wollen die Ampelkoalitionäre bei den Staatsbediensteten sparen, Entlassungen werden nicht ausgeschlossen.

Die Antwort kam postwendend. „Wowereit zündelt an der Lunte“, heizt Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann die Stimmung an. Der soziale Friede sei gefährdet, der Senat könne einen „heißen Winter“ kriegen. In der nächsten Woche schon tragen Zehntausende Beschäftigte ihren Unmut auf die Straße.

Was wie der Auftakt zum Big Trouble aussieht, ist allerdings nichts weiter als der Aufbau der üblichen Drohkulisse vor Tarifauseinandersetzungen. Die Gewerkschaften mobilisieren ihre Mitglieder, die Staatsvertreter winken mit dem Rotstift. Dabei haben sich selbst die Gewerkschaften längst davon verabschiedet, alle Stellen halten zu können. In den nächsten Jahren hören ohnehin Tausende Bedienstete aus Altersgründen auf – eine Chance für sozialverträglichen Stellenabbau. Streit im Detail ist vorprogrammiert. Aber bisher einigten sich Senat und Gewerkschaften immer irgendwie. 50.000 Stellen wurden innerhalb kurzer Zeit gestrichen.

Für die Gewerkschaften gibt es dennoch Essentials: die Aufkündigung des Flächentarifvertrages gehört dazu. Das 13. Monatsgehalt etwa, das jetzt gekürzt werden soll, ist bundeseinheitlich geregelt. Kein Gewerkschafter kann da rangehen, aber er kann – wie das in der Privatwirtschaft möglich ist – in Einzelfällen Ausnahmen zulassen.

Vieles scheint also möglich zu sein – wenn die Regierenden den Bogen nicht überspannen. Alle Kitas zu privatisieren, ist für die Gewerkschaften nicht akzeptabel. Zumal ein Bundesgesetz den Eltern die Wahl garantiert, zwischen unterschiedlichen Betreuungsangeboten entscheiden zu können. Außerdem könne niemand seriös vorrechnen, ob freie Träger billiger seien, kritisiert GEW-Kita-Experte Klaus Schröder. Und macht verbal mobil. „Die Empörung wächst.“ Wo die hinführen kann, zeigt der Blick in die Vergangenheit. Anfang der 90er-Jahre streikten Erzieherinnen und Erzieher Monate lang – aus einem geringeren Anlass. Schröder gestern: „Für einen Streik ist es noch zu früh.“ Bisher plant die GEW nur eine Großkundgebung am 12. Dezember.

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