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Die armen Kirchenmäuse

■ In einer Woche berät der Landtag Schleswig-Holsteins über den Haushalt. Die finanzielle Situation des Landes ist trostlos

Wenn Schleswig-Holsteins Landtag in einer Woche über den Haushalt 2002 entscheidet, wird er über einen „Altlasten“-Etat abstimmen. Von den 15 Milliarden Mark, die das Land ausgeben will, ist nur ein Bruchteil zukunftsgewandt: Lediglich 1,4 Milliarden Mark hat die rot-grüne Koalition für Investitionen übrig.

„Die Eckdaten haben sich in den vergangenen Jahren eigentlich immer zum Negativen entwickelt“, kritisiert Landesrechnungshof- Präsident Gernot Korthals. Minis-terpräsidentin Heide Simonis (SPD) sitzt mit ihrer Regierung in der Schuldenfalle. Jahr für Jahr wird eine Milliarde Mark neue Miese gemacht. Auf 34 Milliarden Mark ist der Schuldenberg angewachsen. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von über 12.000 Mark hat der Norden in diesem Jahr das Saarland als Negativ-Spitzenreiter der Flächenländer verdrängt.

Einen Kardinalfehler sehen Experten aller Couleur darin, dass das Land fast alle Einnahmen aus dem Verkauf seines „Tafelsilbers“ zum Stopfen von Löchern in den laufenden Etats einsetzte, nicht aber zum Abtragen der drückenden Schuldenlast. Landesbank, Provinzial-Versicherung, Hamburger Flughafen, Immobilien, Landesentwicklungsgesellschaft – 2,5 Milliarden Mark flossen durch Veräußerungen seit 1994 in die Landeskasse. Auch das neue Etat-Loch, das für 2002 im Zuge der jüngsten Steuerschätzung entstand, will Finanzminister Claus Möller (SPD) zu einem Großteil über den Verkauf eines weiteren Anteils an der Landesbank schließen.

Ob BSE-Folgekosten, Mehrausgaben für die Innere Sicherheit oder Steuereinnahmen unter Plan – schon akute Belastungen im zweistelligen Millionenbereich bringen das ganze Zahlenwerk ins Wanken. Kümmerliche zehn Millionen Mark fehlen nur bis zur Verfassungsgrenze, nach der das Land nicht mehr neue Schulen machen darf, als es für Investitionen ausgibt. Wolfgang Schmidt

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