: Wie es ihm gefällt
Schulsenator sieht sich von PISA-Studie bestätigt – obwohl sie ihn widerlegt ■ Von Sandra Wilsdorf
Egal wie, Hauptsache anders: Die für Deutschland ernüchternden Ergebnisse der PISA-Studie lassen für Hamburgs Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) nur einen Kurs zu: „Weg vom Bisherigen – wohin muss man dann im einzelnen sehen.“ Denn warum auch immer die deutschen SchülerInnen im internationalen Vergleich so schlecht abgeschnitten haben, der Senator befand gestern: „Es trifft sich gut, dass es gerade einen Regierungswechsel gab, und wir eine ganz andere Bildungspolitik machen wollen.“
Die ist allerdings so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Studie der OECD als Konsequenzen nahe legt: Denn die Gewinner von PISA sind Länder, die in integrierten Ganztagsschulen lehren und dabei die Abschlüsse so lange wie möglich offen lassen. Die Studie macht klar: Die Leistungsschwachen werden in Deutschland nicht ausreichend gefördert, soziale Benachteiligungen im deutschen System zementiert statt aufgehoben, viel zu früh wird auf bestimmte Abschlüsse hin gelehrt und gelernt.
Der Koalitionsvertrag der neuerdings Hamburg regierenden Koalition kümmert sich aber in erster Linie um die Hochbegabten und um Leistung. Zur Förderung Lernschwacher sagt Lange, „da muss der Aufwand im Verhältnis stehen, irgendwann ist die Lernfähigkeit eben erschöpft“ und vergleicht das mit dem Sport, da könne schließlich auch nicht jeder Hochleistungssportler werden.
Integrierende Schulsysteme wie die Gesamtschule will Lange an den Etat anpassen, die Wahl der Grundschule soll den Eltern frei stehen, Haupt- und Realschulen sollen zwar aufgewertet werden, aber wie ist noch vollkommen unklar: Das alles klingt mehr nach Leistung und Segregation als nach Integration.
Deutsche Schüler haben besonders beim Verständnis von Texten, beim Übertragen auf ihr Leben, beim kritischen Lesen Schwierigkeiten – Lange will wieder zentrale Prüfungen in den Kernfächern einführen. Mit der Gefahr prüfungsbezogenem Trichterwissens.
Immerhin findet der Schulsenator, „dass wir offenbar zu spät anfangen, unsere Kleinsten zu fordern“ und befindet sich damit auf einer Linie mit der Studie. Dass die Mädchen so sehr viel besser abgeschnitten haben als die Jungen, hält er hingegen für natürlich, „manche Dinge muss man eben so hinnehmen, wie sie sind.“
Anna Ammonn, Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist denn auch zutiefst ratlos, „wenn der neue Schulsenator sich durch die Ergebnisse der Studie in den Bildungsreformabsichten des neuen Senats bestätigt sieht“. Sie verweist auf den lange beklagten und nun endlich bewiesenen Zusammenhang zwischen geringen Investitionen in die Bildung und geringerer Leistungsfähigkeit und hofft, „dass der Senator nach intensiverem Studium der Ergebnisse entsprechende Konsequenzen aus der Tatsache zieht, dass gerade die Leistungsschwachen und sozial Benachteiligten in Deutschland das Nachsehen haben“.
Und Christa Goetsch, schulpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion, fordert besseren Unterricht statt Debatten über die Schulformen.
Siehe auch Seiten 7,14
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